Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Italien. (Dezember 15.) 307 
Güte. Der Banknotenumlauf ist von 1898 bis Ende Oktober 1903 von 
1054 700000 Lire auf 940200,000 Lire gesunken, dagegen die metallische 
Deckung von 582 6000000 Lire, auf 807000000 Lire gestiegen. Auch die 
Schatzreserve hat tatsächlich zugenommen; in den letzten fünf Jahren ist bei 
den Emissionsbanken und dem Staatsschatz der Bestand an Goldmünzen 
und Fünffrankenstücken von 695 auf 934 Millionen gestiegen; die Zunahme der 
Goldmünzen allein beträgt 180 Millionen Lire. — Der Minister betont sodann, 
daß der Wechselkurs Pari erreicht hat und Zollzahlungs-Zertifikate im In- 
lande und das Affidavit im Auslande entbehrlich sein werden. Er ver- 
kündet die Absicht, die endgültige Regelung des Geldumlaufwesens zu 
beschleunigen; im nächsten Jahre sollen Maßnahmen zur allmählichen Ver- 
minderung der Staatsnoten ohne Ausgabe neuer Konsols vorgeschlagen 
werden; Verhandlungen mit den Banken betreffend die Uebernahme eines 
Teils dieser Noten seien eingeleitet. Neben Beseitigung der Staatsnoten 
sollen weitere Schritte zur Flüssigmachung des in Immobilien festliegenden 
Kapitals der Banken getan werden, so daß das Banknotenwesen allmäh- 
lich zur vollkommenen Gesundung gelangen wird. — Ueber die Renten- 
konversion erklärt er, daß er den Entwurf seines Amtsvorgängers, der die 
Gesamtkonversion betreffe, zurückziehe und lediglich die Konversion der 
4½ prozentigen Rente in 3½prozentige vorschlage. Eine Vorlage betr. die 
freie Konversion der 5prozentigen Rente in 3½ prozentige werde erst nach 
Vorbereitung aller zur Erreichung des Zieles nötigen Mittel eingebracht 
werden. Für die dem Staate etwa sechs Millionen jährlich ersparende 
Konversion der 4½prozentigen Rente, die keine Schwierigkeiten biete, 
werden die ausländischen Märkte nicht in Anspruch zu nehmen sein, wohl 
aber werde deren Mitwirkung für die internationalen Charakter tragende 
Umwandlung der fünfprozentigen Rente von hohem Werte sein. Der 
Minister spricht die Ueberzeugung aus, daß Frankreich, Deutschland und 
England, die Italien bei dem Werke seiner politischen Befreiung geholfen 
hätten, es auch bei diesem wirtschaftlichen Befreiungswerke unterstützen 
würden. Die jährliche Ersparnis werde 40 Millionen betragen, größer 
aber werde der Gewinn aus der Neubelebung der ganzen Volkswirtschaft 
Italiens sein. — Als Ziel Italiens stellt der Minister schließlich die Ent- 
wicklung der Bevölkerung und die Begründung glücklicher Zustände für 
dieselbe durch Schaffung eines zahlreichen Standes von Kleingrundbesitzern 
hin. „Dies ist der einzige richtige Weg, um durch unsere Einrichtungen 
und nicht durch Gewalt die steigende Flut des sozialistischen Kollektivismus 
zu bekämpfen.“ 
15. Dezember. (Kammer.) Auf eine Interpellation über die 
Bestrebungen der Italiener in Tirol (S. 304) erwidert Minister 
des Auswärtigen Tittoni: 
Wegen der Innsbrucker Vorgänge habe Italien nach den allgemein 
anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts nicht einschreiten können. Auch 
habe Ministerpräsident von Koerber sich der Gründung einer italienischen 
Universität durchaus nicht widersetzt und die Ereignisse in Innsbruck bil- 
deten nur eine Episode in dem Kampfe der Nationalitäten, der sich in 
Oesterreich und auch sonst abspiele. Die Bande, welche Italien und Oester- 
reich auf Grund ihres Bündnisses verknüpften, müßten ebenso eng sein, 
wie die zwischen Deutschland und Italien bestehenden. Er könne den Dilet- 
tantismus und Irredentismus gewisser Professoren, Studenten und Parla- 
mentarier nur ebenso verurteilen, wie die Agitation, welche infolgedessen in 
Italien getrieben worden sei. Italien wolle eine friedliche Politik und 
20“
	        
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