Kußland. (September 24.) 343
des Ministerkomitees ernannt. Finanzminister wird der Gouver-
neur der Reichsbank Geh. Rat Pleske.
September. Bei der Übergabe des armenischen Kirchen-
vermögens an die Staatsverwaltung leistet die Bevölkerung an
mehreren Orten, wie Kars und Elisabetpol, gewaltsamen Wider-
stand, so daß Militär einschreiten muß. Mehrere Demonstranten
werden getötet.
24. September. Kundgebung über die makedonische Frage.
Ein Kommunicqué der Regierung erinnert an die österreichisch-rus-
sischen Vorschläge und an den Erfolg, den diese anfangs gehabt hätten.
Sodann heißt es: Diese Resultate konnten jedoch die in den slavischen
Staaten entstandenen mazedonischen Komitees nicht befriedigen. Die her-
vortretende Wahrscheinlichkeit, daß die christliche Bevölkerung unter dem
Eindruck der begonnenen Reformen, welche nach Maßgabe der Anwendung
in der nächsten Zukunft eine breitere Eutwicklung erhalten sollten, sich be-
ruhigen werde, eutzog den Komitees, ihrer Auffassung nach, den für die
Verwirklichung ihrer revolutionären Pläne günstigen Boden. Indem sie
den Schutz ihrer Glaubensgenossen gegen die türkische Bedrückung auf die
Fahne schreiben, bezwecken diese Komitees in Wirklichkeit und in eigen-
nütziger Absicht eine Veränderung der administrativen Ordnung der Pro-
vinz im Sinne ihrer Umwandlung in ein bulgarisches Mazedonien mit
Beeinträchtigung der Rechte und Vorrechte anderer christlicher Völker,
deren Interessen dem rechtgläubigen Rußland gleich teuer sind. Da die
Leiter der Bewegung von seiten der nicht bulgarischen Elemente Maze-
doniens für ihre politischen Pläne keine Unterstützung fanden, bemühten
sie sich, durch grausame Gewalttaten und Terrorismus im Lande einen
allgemeinen Aufstand hervorzurufen, um die Einführung der geplanten
Reformen zu verhindern. Bedauerlicherweise erhielt, trotz der anfangs
seitens der Sofioter Regierung ergriffenen Vorsichtsmaßregeln, die maze-
donische Agitation eine größere Verbreitung im Fürstentum Bulgarien
selbst, indem sie die Unterstützung derer fand, welche in irriger Weise darauf
rechneten, der Aufstand werde Rußland zwingen, sein Programm zu än-
dern und aktiv zum Schutz nicht realisierbarer Pläne als Leiter der revo-
lutionären Bewegung hervorzutreten. Diese verderbliche Verirrung, vor
welcher die kaiserliche Regierung unablässig warnte, beschwor auf die Christen
in den türkischen Vilajets eine schwere Bedrängnis herauf, der ein Ende
zu machen in erster Reihe möglich werden würde durch die Verhinderung
des Uebertrittes neuer Banden aus dem Fürstentum in die Grenzen der
Türkei, aber auch durch die Einstellung der revolutionären Tätigkeit der
Komitees. Denn nur dann erscheint es auch möglich, auf der unverzüg-
lichen Anwendung von Reformen zu bestehen, die den Bedürfnissen der Be-
völkerung entsprechen. Diese vor den türkischen Grausamkeiten zu bewahren,
ist trotz energischen Bemühens bei dem muselmännischen Fanatismus und
bei den zunehmenden Wirren zur Zeit überaus schwer. In solchem Sinne
haben die kaiserlich russische wie die österreichisch-ungarische Regierung aber-
mals kategorische Vorstellungen sowohl in Sofia wie in Konstantinopel er-
hoben. Außerdem haben die Regierungen der Mächte, welche den Berliner
Vertrag unterzeichneten, auf Vorschlag Rußlands und Oesterreich-Ungarns,
um jeden Anlaß zu unbegründeten Spekulationen und gefährlichen Unbe-
sonnenheiten zu beseitigen, ihre Vertreter beauftragt, der Pforte und Bul-
garien gegenüber ihre volle Einmütigkeit mit den beiden Monarchien in