Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Nebersicht der politischen Entwichelnun des Fahrer 1908. 395 
Anerkennung der europäischen Forderungen herbei (1. Januar); er 
erklärte sich bereit, mit den Mächten über die Erfüllung ihrer An- 
sprüche zu unterhandeln, eventuell sich einem Schiedsspruche zu 
unterwerfen. Da die diplomatischen Beziehungen zwischen Vene- 
zuela und den Mächten abgebrochen waren, übernahmen die Ver- 
einigten Staaten die Vermittlung, und die weiteren Verhandlungen 
wurden in Washington durch die Botschafter der drei Mächte 
und Bowen, den Gesandten der Union in Venezuela, geführt. Sie 
kamen nach einigen Wochen zum Abschluß (13. Februar), und die 
Blockade wurde aufgehoben. Venezuela erkannte die Forderungen 
der Mächte als grundsätzlich gerechtfertigt an; es verpflichtete sich 
weiter, einem Teil davon gleich in bar oder in Wechseln auf kurze 
Frist zu bezahlen. Als Sicherheit sollten den Mächten die Zoll- 
einnahmen von La Guayra und Puerto Cabello dienen. Den Rest 
der Reklamationen sollte erst eine gemischte Kommission in Caracas 
näher untersuchen, um festzustellen, ob sie im einzelnen materiell 
berechtigt seien und welche Entschädigung dafür anzusetzen sei. 
Hierüber sind dann anfangs Mai weitere Verträge abgeschlossen 
worden. Auch für die Bezahlung dieser zweiten Art von Forde- 
rungen wurden Sicherheiten gegeben (30 Prozent der obigen Ein- 
nahmen), aber über ihre Verteilung wurde noch kein definitiver 
Beschluß gefaßt. Die Blockademächte verlangten, daß ihre An- 
sprüche, die die Kommission als berechtigt anerkannt haben würde, 
vor denen der übrigen Mächte erledigt werden sollten, aber hierzu 
wollte sich der Vertreter Venezuelas nicht verstehen. Man einigte 
sich schließlich, diese Differenz dem Haager Schiedsgericht zur Ent- 
scheidung zu überlassen. Die Frage ist wichtig, weil noch mehrere 
andere Mächte, wie Frankreich, Holland und Belgien, Forderungen 
an Venezuela haben, und vielleicht für sie von den zur Verfügung 
gestellten Zöllen nichts mehr übrig bleibt, wenn die Blockademächte 
eine Vorzugsbehandlung erfahren. Daher hat sich namentlich in 
Frankreich eine scharfe Opposition gegen das Begehren der drei 
Mächte gezeigt, wie überhaupt Frankreich die Aktion der Mächte 
von Anfang an mit Übelwollen verfolgt hat. Die französische 
Publizistik nahm für Venezuela Partei und wurde nicht müde, die 
Blockade mit ihren unvermeidlichen Begleiterscheinungen als über-
	        
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