Das Denisqhe Reith und seine einzelnen Glieder. (März Anfang.) 55
Kulturkampf befinden. Wir können uns nicht so verhalten, als wenn es
nur Protestanten oder nur Katholiken in Deutschland gebe, sondern es
muß Gerechtigkeit geübt werden von seiten der Staatsregierung durch
objektive Geschäftsführung, von seiten der Konfessionen durch Achtung der
Rechte und Würde des Staates. Das hat leider der Bischof von Trier
außer acht gelassen, als er die schwerwiegende Prinzipienfrage aufwarf,
ohne vorher zu versuchen, mit den staatlichen Behörden sich ins Einver-
nehmen zu setzen, und als er hierfür die ungewöhnliche und schroffe Form
wählte, welche das Zustandekommen einer Verständigung ungemein er-
schweren mußte. Aus den Zeiten des Kulturkampfes sind noch unaus-
geglichene Inkongruenzen übrig geblieben und es ist bekannt gewesen, daß
in der Diözese Trier solche Inkongruenzen in besonderem Maße vorhanden
seien. Soweit Mängel an der Trier Schule vorhanden sind, ist es Pflicht
des Staates, sie zu beseitigen, vor allem aber müssen wir erwarten, daß
der Bischof sein Publikandum rückgängig macht. Der Bischof hat durch
seine Abreise im Augenblicke der Veröffentlichung des Publikandums uns
leider die Möglichkeit genommen, die Angelegenheit mit ihm direkt zu
erörtern, dafür habe ich unsern päpstlichen Gesandten im Vatikan an-
gewiesen, die Aufmerksamkeit der Kurie auf die Bedeutung des Falles zu
lenken. Ich will hoffen, daß die Kurie mit uns dafür sorgen wird, daß
der bedauerliche Zwischenfall ohne weitere schädliche Folgen für die Be-
ziehungen zwischen Staat, Kirche und Allgemeinheit bleiben wird.
Kultusminister Dr. Studt widerlegt die vom Bischof erhobenen
Anklagen gegen die Trierer Schulen. Der Unterricht würde nicht aus-
schließlich von evangelischen Lehrern erteilt und eine Zurücksetzung von
Schülerinnen aus katholischen Schulen bei der Aufnahmeprüfung zum
Seminar habe nicht stattgefunden. Von der katholischen Presse sei Anstoß
enommen worden, daß Seminarschülerinnen ein Aufsatz über das Zu-
semmentrefen zwischen Odysseus und Nausikaa aufgegeben worden sei: er
könne den Mangel an Unbefangenheit in einer solchen Auffassung nur
beklagen. Abg. Dittrich (Z.): Es sei kein Kampf um die Staatsschule
geplant. Es besteht ein Kampf um die Schule; er richtet sich aber nicht
gegen die Herrschaft des Staates, sondern gegen den Geist in der Schule.
Der Bischof habe den Staat nicht provoziert sondern nur die paritätische
Schule ang Fiiffen, die dem katholischen Ideal nicht entspräche. Abg. Graf
Limburg-Stirum (kons.): Wir stehen grundsätzlich auf dem Boden der
konfessionellen Schule, wir sind aber der Meinung, daß dabei auch die
Allgemeinheit nicht außer acht gelassen werden darf und daß die Volks-
schulen einerseits und Mittel- und höhere Schulen anderseits nicht ganz
mit demselben Maße gemessen werden können, weil der Besuch der Volks-
schule obligatorisch ist und der religiöse und konfessionelle Gedanke natur-
gemäß mehr betont werden muß. Von diesem Standpunkt aus bedauern
wir das Verhalten der katholischen Geistlichen in Trier, und wir erwarten,
daß die Staatsbehörden die staatlichen Interessen in vollem Umfange wahr-
nehmen werden. Die Abgg. Frhr. v. Zedlitz (fr.ikons.), Müller-Sagan
(fr. Vp.) und Barth (fr. Vg.) tadeln den Bischof scharf als Friedensstörer.
Abg. Roeren (3.) verteidigt den Bischof; den Staat treffe die Schuld an
dem Zwischenfalle, denn er habe die Mißstände 25 Jahre lang bestehen lassen.
Anfang März. Verbreitung der Wurmkrankheit unter den
Bergleuten.
Der allgemeine Knappschaftsverein in Essen versendet an sämtliche
Grubenverwaltungen des Ruhrbezirks Material über die Ausdehnung der
Wurmkrankheit mit der gleichzeitigen Aufforderung, nur solche Leute noch