Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Das Denische Reith und seine einzelnen Glieder. (März 9.—12.) 57 
folgenden Tage bezeichnet Abg. Zubeil (Soz.) die Lohnverhältnisse und 
die soziale Fürsorge in den Spandauer Werkstätten als ungenügend. 
General v. Einem: Es würden Stücklöhne von 3,80—7 Mark gezahlt; 
die Arbeiter seien zufrieden wie 10000 neue Anmeldungen bewiesen. — 
Abg. Müller-Meiningen (fr. Vp.) kritisiert lebhaft die Kleidung, die zu 
wenig kriegsmäßig sei, insbesondere die zahlreichen Abzeichen und Aus- 
zeichnungen. 
9. März. (Trier.) Folgender Erlaß wird von den Kanzeln 
verlesen (vgl. S. 54): 
Gemäß den Erklärungen der Minister im Abgeordnetenhause und 
weiteren Mitteilungen hat die kgl. Staatsregierung die Absicht, den Wün- 
schen der Katholiken in der hiesigen Schulfrage gerecht zu werden. Des- 
halb hat der Bischof in Uebereinstimmung mit dem Heiligen Vater an- 
geordnet, daß unsere Kanzelpublikation wegen veränderter Umstände als 
nicht geschehen zu betrachten sei. 
11. März. (Berlin.) Vereidigung des Erzbischofs von 
Köln. Rede des Kaisers. 
Der Erzbischof Fischer von Köln legt den Eid in die Hände des 
Kaisers ab und hält nach der Eidesleistung eine Ansprache, in der es 
heißt: . Ich verehre Ew. Majestät in tiefster Seele als den erhabenen 
Herrscher, dem das Wohl aller seiner Untertanen, auch — ich freue mich, 
es hier aussprechen zu können — seiner katholischen Untertanen am Herzen 
liegt. Ich verehre in Ew. Majestät den mächtigen, tatkräftigen Fürsten, 
der in einer Zeit, wo vielfach Unglaube und Gottlosigkeit sich brüstet und 
an den Fundamenten des christlichen Volkslebens rüttelt, vor aller Welt 
keinen Hehl macht aus seiner christlichen Ueberzeugung, vielmehr bei den 
verschiedensten Gelegenheiten seinen demütigen Glauben an die Majestät 
Jesu Christi, als des menschgewordenen Gottessohnes und Erlösers der 
Menschheit, kundgegeben hat. 
Der Kaiser antwortet: Ich habe Mich bewogen gefunden, Sie, 
hochwürdiger Herr, bei Antritt Ihres Amtes persönlich zu empfangen und 
das eidliche Gelöbnis der Treue, welches Sie soeben abgelegt haben, selbst 
entgegenzunehmen. Als nach dem allzu frühen, auch von Mir tief be- 
klagten Hinscheiden des Erzbischofs Dr. Simar die Wahl des Metropolitan- 
kapitels Sie auf den erzbischöflichen Stuhl zu Köln berief, habe Ich zu 
Ihrer Erwählung gern Meine Genehmhaltung aussprechen lassen. Seit 
mehr als 14 Jahren dem Metropolitankapitel angehörig, sind Sie, nament- 
lich durch Ihre Wirksamkeit als Weihbischof, den Aufgaben des Sie jetzt 
erwartenden weiten und schwierigen Arbeitsfeldes näher getreten. Ihre 
reiche Erfahrung wird Ihnen die Führung des neuen Amtes erleichtern. 
Und Ihre Pflichttreue, sowie die Beweise patriotischer Gesinnung aus Ihrer 
früheren Tätigkeit sind Mir Gewähr, daß sie auf dem erzbischöflichen Stuhle 
zu Köln als guter Hirte der Ihnen anvertrauten Seelen, dem Mir soeben 
abgelegten Gelübde getreu, in den Gemütern der Geistlichen und Gemeinden 
den Geist der Ehrfurcht und Treue gegen Mich und Mein Haus, die Liebe 
zum Vaterlande und den Gehorsam gegen die von Gott geordnete Obrig- 
keit, sowie die Eintracht unter den Bewohnern des Landes pflegen und 
nähren werden. In dieser Erwartung erteile Ich Ihnen Meine landes- 
herrliche Anerkennung und wünsche Ihnen, hochwürdiger Herr, zu der 
Verwaltung Ihres erzbischöflichen Amtes Gottes reichsten Segen. 
12. März. (Reichstag.) Die Budgetkommission kritifiert 
 
	        
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