134 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Oktober 7.—13.)
strielle Entwicklung weniger günstigere Bedingungen darbieten als andere
Landesteile — das technische Wissen verleiht ja vielfach gerade die Macht,
zu ergänzen, was die Natur versagt. So soll die Anstalt mit dazu dienen,
den Geist des industriellen Fortschrittes zu beleben und sich mit Fragen
beschäftigen, die aus den besonderen Verhältnissen ihres heimischen Gebietes
sich ergeben. Daß aber die Anstalt die ihr gestellten hohen Aufgaben zu
lösen bestrebt und im stande sein wird, dafür bürgen uns die Tüchtigkeit
ihrer Lehrkräfte und die Reichhaltigkeit ihrer Lehrmittel. Möge die neue
Hochschule wachsen und gedeihen zum Ruhme der deutschen Wissenschaft,
zum Segen dieser altpreußischen Provinzen und zur Ehre des deutschen
Namens! Das walte Gott!
7. Oktober. (Oldenburg.) Der Landtag genehmigt ein-
stimmig eine Vorlage über Neuregelung der Thronfolge und ver-
wirft den Protest des Herzogs Ernst Günther von Schleswig-
Holstein.
9. Oktober. (Bochum.) Der rheinisch-westfälische national-
liberale Parteitag beschließt über die Schulfrage:
Die nationalliberale Partei Westfalens spricht unter Zustimmung
an die Erklärung des Zentralvorstandes der Partei vom 12. Juni d. J.
ihr volles Vertrauen zur nationalliberalen Fraktion des Abgeordneten-
hauses aus, daß es ihr gelingen wird, auf der Grundlage des Schul-
antrages Hackenberg-Heydebrand-Zedlitz die gesetzliche Regelung der Schul-
unterhaltungspflicht in ersprießlicher Weise mit herbeizuführen. Zur glück-
lichen Verabschiedung eines richtigen Gesetzes ist die Einigkeit in der Partei
eine der ersten Vorbedingungen.
10. Oktober. (Köln.) In Anwesenheit des Kultusministers
wird eine Akademie für praktische Medizin veröffentlicht.
11. Oktober. (Berlin.) Das Domkandidatenstift feiert sein
fünfzigjähriges Jubiläum.
13. Oktober. (Lippe-Detmold.) Regentschaftsfrage; Geheim-
vertrag mit Schaumburg; Vertagung des Landtags.
Die lippesche Regierung verlangt unveränderte Annahme der Vor-
lagen (S. 131), die Landtagskommission beantragt folgende Fassung des
Regentschaftsgesetzes: „Erfolgt der Tod des Fürsten Alexander innerhalb
zweier Jahre (bisher hieß es 'eines Jahres') nach Erlaß des Gesetzes und
ist bis nach Ablauf dieser Jahre noch kein Gericht gesichert, so hört die
Regentschaft auf und tritt das im § 3 des Regentschaftsgesetzes vom
24. April 1895 vorgesehene Verfahren ein.“
Staatsminister Gevekot lehnt jede Aenderung der Regierungs-
vorlage ab und verliest folgenden Geheimvertrag: „Seine hochfürstliche
Durchlaucht der regierende Fürst Günther Friedrich Woldemar zur Lippe,
von dem Wunsche beseelt, die Thronfolgeangelegenheit im Fürstentum Lippe
in einer die Interessen des fürstlichen Hauses, wie das Wohl des Landes
gleichmäßig wahrenden Weise noch bei Höchstihren Lebzeiten geordnet zu
sehen und Seine hochfürstliche Durchlaucht der regierende Fürst Adolf Georg
zu Schaumburg-Lippe, von diesen Absichten unterrichtet, dieselben billigend,
und von dem Bestreben geleitet, deren Ausführung durch verwandtschaft-
liches Entgegenkommen tunlichst zu fördern, haben auf Grund vorgängiger