Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

       Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. Januar 11. 13.) 5 
wärtigen Regierungen abgeschlossen werden. Die bisber zwischen einzelnen 
Bundesstaaten und auswärtigen Regierungen abgeschlossenen Verträge sollen 
alsbald gekündigt werden. 
               11. Januar. (Braunschweig.) Vertreter von preußischen 
und braunschweigischen Behörden und Körperschaften beraten über 
die Anlegung von Talsperren im Harz. 
           12./3. Januar. (Reichstag.) Budgetkommission. Beratung 
über Südwestafrika. Indemnitätsfrage. 
           Am 12. erklärt die Kommission einstimmig, daß die beiden Nachtrags- 
etats über die in Südwestafrika gemachten Ausgaben nicht in Beratung 
genommen werden können, wenn nicht der Reichskanzler vorher beim Reichs- 
tage formell dafür Indemnität nachsucht, daß diese Ausgaben gemacht 
worden sind, ohne vorher den Reichstag zu befragen. — Vertreter der 
Linken greifen die Regierung scharf an, daß der Reichstag im Sommer 
zur Bewilligung der Ausgaben nicht berufen sei. 
             Am 13. ersucht Schatzsekretär Frhr. v. Stengel mit folgender Er- 
klärung um Indemnität: „Der Nachtragsetat für Südwestafrika entbält 
zweierlei: einerseits die bisher entstandenen über- und außeretatsmäßigen 
Ausgaben, andrerseits den Voranschlag künftiger, im Rechnungsjahr 1904 
noch erwachsender Ausgaben. Für die nachträgliche Genehmigung des 
Reichstags kommen nur erstere in Betracht. Bei der Vorberatung der 
Gesetzesvorlage durch die Kolonialabteilung und das Reichsschatzamt war 
davon ausgegangen worden, daß die gesetzgebenden Faktoren die Erteilung 
einer förmlichen Indemnität wegen jener Ausgaben im Hinblick auf die 
vom Reichskanzler am 9. Mai 1904 im Plenum des Reichstags abgegebene 
Erklärung nicht geboten erachten würden. Nachdem bei der gestrigen Kom- 
missionsberatung der Meinung Ausdruck gegeben worden war, daß bezüg- 
lich jener Ausgaben es der förmlichen Erteilung der Indemnität bedürfe 
und diese Auffassung der Kommission zur Kenntnis des Reichskanzlers ge- 
bracht worden ist, trägt dieser kein Bedenken, dem geäußerten Verlangen 
stattzugeben. Der Reichskanzler würde schon in der gestrigen Sitzung der 
Kommission eine entsprechende Erklärung haben abgeben lassen, wenn es 
sich nicht um eine Änderung der Gesetzesvorlage handelte, die der Zu- 
stimmung des Bundesrats bedürfte. Diese Zustimmung habe ich im Auf- 
trage des Reichskanzlers in der gestrigen Sitzung des Bundesrats ein- 
geholt. Indem ich daher namens des Reichskanzlers für jene über- und 
außeretatsmäßigen Ausgaben um Indemnität nachsuche, erkläre ich zugleich 
das Einverständnis des Bundesrats damit, daß in den Gesetzentwurf fol- 
gende, dem § 6 des Gesetzes vom 25. Februar 1901, betr. die ostasiatische 
Expedition, nachgebildete Bestimmung eingeschaltet werde: § 3. „Für alle 
Ausgaben, welche auf den in § 1 bezeichneten Betrag zu den angegebenen 
Verwendungszwecken und in den zugehörigen Nachtragsetats bereits ge- 
leistet sind, wird dem Reichskanzler Indemnität erteilt.“ Die bereits ge- 
leisteten Ausgaben kommen auf den im §2 bewilligten Kredit in An- 
rechnung.“ 
               Über die Stärke der Expeditionstruppe und die Kosten erklärt 
Direktor Stübel: Mit den Verstärkungen, die noch auf dem Meere 
schwimmen, seien 519 Offiziere, 154 Beamte, 11068 Mann, 9987 Pferde, 
54 Geschütze und 16 Maschinengewehre auf dem Kriegsschauplatz. Bis 
Ende Dezember waren verausgabt 42 Millionen Mark. Sehr viel höher 
als bei der ostasiatischen Expedition und der englischen Expedition würden
	        
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