158 Jie lerreicisch-#ungerische Menarchie. (Februar 15.—März 1.)
zwischen Oesterreich und Ungarn loyal durchzuführen. Sollten jedoch bei
der Durchführung neue Bedingungen gestellt oder die von Oesterreich als
gemeinsam betrachteten Institutionen in ihrem Wesen berührt werden,
dann werde die österreichische Regierung in vollem Einvernehmen mit dem
Parlament und der öffentlichen Meinung, in aller Ruhe, aber sehr energisch
die österreichischen Interessen vertreten. Das Haus werde sich überzeugen,
daß die Regierung bei dieser Wahrung sich auf Worte nicht beschränken,
sondern energisch eintreten werde für die Großmachtstellung der Monarchie,
welche das Ergebnis eines jahrhundertlangen Prozesses sei, für die Gene-
rationen ihr Bestes geopfert, die von den europäischen Staaten als Not-
wendigkeit anerkannt werde und die eine Bürgschaft des Friedens und nicht
zuletzt auch eine sichere Gewähr für den Wohlstand der Bürger beider
Staaten sei. (Lebhafter Beifall.)
15. Februar. (Cisleithanien.) Der Polenklub des Reichs-
rats erläßt eine Kundgebung über die Vorgänge in Rußland:
Es heißt darin, daß die traurigen Ereignisse in Rußland auch in
Galizien tiefen Eindruck hervorgerufen haben. Alle Manifestationen und
sonstigen Schritte, welche von Galizien aus unternommen wurden, um in
dem benachbarten Teile Polens die Unruhen zu vermehren oder um der
durch die sozialdemokratische Partei in Russisch-Polen hervorgerufenen Be-
wegung einen nationalen Charakter zu geben, waren für die nationale
Sache der Polen von größtem Nachteile. Wer daher zu unüberlegten
Schritten sich habe hinreißen lassen, sei es durch sein Gefühl, sei es infolge
unglückseliger, von feindlicher oder hinterlistiger Seite kommender Ueber-
redung, trage nicht nur die Verantwortung für das unnütz vergossene
Blut, sondern wälze auf sich eine noch viel größere Schuld, indem er der
polnischen Nation ein großes, in seinen Konsequenzen unabsehbares Un-
glück zugefügt hat. Diese Ueberzeugung soll nötigenfalls auch im Abge-
ordnetenhause und in den Delegationen vertreten werden.
17. Februar. (Ungarn.) Das Abgeordnetenhaus eröffnet
seine Sitzungen. Der Beschluß vom 18. November 1904 über die
Hausordnung wird für ungesetzlich und nichtig erklärt. — Am 22.
wird Justh (Mitglied der Unabhängigkeitspartei) zum Präsidenten
gewählt.
Ende Februar. Polenfrage zwischen Deutschland und Österreich.
Gegen einige Aeußerungen des preußischen Ministers Freiherrn
v. Rheinbaben protestiert der Polenklub lebhaft; der Minister des Aus-
wärtigen Graf Goluchowski erhebt Vorstellungen in Berlin, die, wie
das „Fremdenblatt“ erklärt, zu vollkommen befriedigenden freundschaft-
lichen Erklärungen führen. — Die Angelegenheit wird in deutschen und
polnischen Blättern viel besprochen; deutsche Blätter weisen darauf hin,
daß die österreichischen Polen im Jahre 1901 eine scharfe Sprache über
preußische Dinge geführt hätten, während Rheinbaben nur eine Tatsache
konstatiert habe. — Am 9. März wird die Angelegenheit im Abgeordneten-
hause diskutiert, wobei Minister v. Gautsch die Erklärung des Fremden-
blattes wiederholt, aber die von den Alldeutschen geforderte Mitteilung
des Schriftwechsels ablehnt.
1. März. (Cisleithanien.) Reichsrat. Beratung über
den § 14.