180 Die ästerreihhisch-nngarische Menarhhie. (Dezember 21.)
das Staatbsürgerrecht besitzt. Nicht wählbar dagegen ist jeder, der wegen
Vergehens aus Gewinnsucht oder wegen Aufreizung zum Nationalitäten-
haß verurteilt ist.
In der Begründung heißt es, daß der gegenwärtige Zustand, bei
dem das Wahlrecht an einen nach den verschiedenen Gegenden variierenden
Zensus von 68 Hellern bis 87 Kronen geknüpft ist, wobei es Bezirke mit
139 und solche mit 12000 Wählern gibt, nicht mehr aufrecht erhalten
werden könne. Die Reform könne nur auf dem Prinzip einer Ausdehnung
der Rechte ausgeführt werden und zwar will die Regierung die Ausdeh-
nung auf dem Grundsatze durchführen, daß alle diejenigen das Wahlrecht
erhalten, die schreiben und lesen können. Die Motivierung führt ferner
aus, jede andere Reform des Wahlrechtes, insbesondere die Herabsetzung
des Zensus, sei für die magyarischen Elemente ungünstiger, als die von
der Regierung vorgeschlagene Reform des allgemeinen Wahlrechts, und die
Bedingung des Schreibens und Lesens in ungarischer Sprache könne nicht
ausgesprochen werden, weil dadurch zahlreiche Wähler ihr Wahlrecht ver-
lieren würden und dieses System eine ungeheuere Rechtsberaubung nach
sich ziehen würde. Trotzdem werden die spezifisch-magyarischen Interessen
nicht geschädigt. Denn während nach dem bisherigen Wahlrecht 56 Prozent
der Wähler Magyaren sind, werden es nach dem neuen Wahlrecht 61 Prozent
sein. Die soziale Verschiebung, die sich im Kreise der Wähler vollziehen
wird, wird besonders im Hinblick auf die Arbeiter eine große sein. Während
bisher nur 40000 der Wahlberechtigten Arbeiter sind, werden in Zukunft
800000 Arbeiter das Wahlrecht haben, d. h. es werden statt 4 Prozent
33 Prozent der Wähler zur Arbeiterschaft gehören.
21. Dezember. (Ungarn.) Das „Amtsblatt“ teilt mit, daß
der König ein Demissionsgesuch Fejervarys abgelehnt hat.