Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

Grefbritennien. (Januar Ende—Februar 14.) 185 
die zivilisierten großen Nationen um die Vorherrschaft rängen. Wenn ähn- 
liche Abkommen wie zwischen Frankreich und England zwischen allen euro- 
päischen Nationen getroffen werden könnten, so könnte die Möglichkeit eines 
Konflikts fast als beigelegt gelten. 
Ende Januar. Blaubuch über die tibetanische Expedition. 
In einem Blaubuch wird mitgeteilt, daß Oberst Younghousband 
im Einverständnis mit der indischen Regierung Tibet Bedingungen auf- 
erlegt hatte, die der Besitznahme eines Teils von Tibet durch England 
gleichgekommen sein würden. Er verlangte eine Entschädigung, die in 
75 Jahresraten gezahlt werden sollte und die England für diese Zeit in 
dem Besitze der Tschumbitäler belassen haben würde. Trotz des Wider- 
spruchs der englischen Regierung hielt er an seinen Forderungen fest, die 
aber von der Regierung in London umgestoßen wurden, da Lord Lans- 
downe sich Rußland gegenüber bereit erklärt hatte, daß England weder 
tibetanisches Gebiet annektieren, noch ein Protektorat errichten, noch sich in 
die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen würde, solange andere 
Mächte sich einer solchen Einmischung enthielten. 
Januar. In London und 74 Provinzialstädten werden gegen 
40 000 Arbeitslose durch Notstandsarbeiten beschäftigt. 
Januar. Eine Rede des Zivillord der Admiralität Lee, daß 
England Deutschland den Ausbau seiner Flotte verbieten müsse, 
wird in England und Deutschland lebhaft kommentiert. 
Ende Januar. Die „Times“ kritisiert im Anschluß an eine 
Besprechung der russischen Ereignisse die inneren Zustände in Deutsch- 
land, die den russischen ähnlich seien. Die „Empire Review“ be- 
kämpft scharf diese „dumme Lüge“. 
Anfang Februar. Es wird ein Rückgang der Geburtenziffer 
konstatiert. 
Die Geburtsrate für England und Wales belief sich im Jahre 1904 
auf 27.9 per Tausend der Bevölkerung. Dies bedeutet eine Abnahme von 
1.3 per Tausend der Durchschnittsrate der letzten zehn Jahre und die Rate 
ist geringer als irgend eine bisherige. Die Geburtsrate ist aber nicht nur 
im Verhältnis zu dem Prozentsatz der Bevölkerung gefallen, sondern die 
Zahl der Geburten ging auch absolut gegen das Vorjahr um 3000 zurück. 
Merkwürdigerweise zeigt sich der Rückgang sogar in den einzelnen Quar- 
talen des Jahres 1904. Während so die Geburten zurückgehen, ist aber 
auch die Kindersterblichkeit der Kinder unter einem Jahre eine ungewöhn- 
lich große. In den letzten drei Monaten des Jahres 1904 waren 138405 
Todesfälle zu verzeichnen, wovon 30967 auf Kinder unter einem Jahre 
kommen. Die Zahl der Geburten betrug in derselben Zeit 228413. Auf 
1000 Kinder, die geboren wurden, kommen demnach zirka 136 Todesfälle 
von Kindern. Es ist bemerkenswert, daß von den 76 größten Städten 
wei Städte der Baumwollindustrie in Lancastershire den größten Prozent- 
8 an Kindersterblichkeit aufweisen. („Allg. Ztg.“) 
14. Februar. Der König eröffnet das Parlament. 
In der Thronrede heißt es, nachdem die Beziehungen zum Auslande 
als freundschaftliche charakterisiert sind: Der Krieg, der seit vorigen Februar 
zwischen Rußland und Japan im Gange war, dauert leider an. Meine
	        
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