198 Grobritannien. (November 6. 9.)
Staatssekretär Brodrick verurteilt in einer öffentlichen Rede in
Guildford (26. Oktober) die Angriffe auf Deutschland: Es dürfe keine Zeit
verloren werden, um das auszusprechen, was er mit allem ihm zu Gebote
stehendem Nachdruck betonen möchte, daß zwischen den beiden Regierungen
keinerlei persönliche Stimmungen herrschten. Er sage noch weiter, daß
keinerlei unerledigte Frage irgend welcher Art zwischen beiden Regierungen
bestehe und nichts vorliege, was Animosität zwischen ihnen hervorrufen
könnte. Ein gutes Einvernehmen mit den Nachbarn, welche Sprache sie
auch sprächen, sei notwendig und wünschenswert. Alle Gerüchte von Miß-
verständnissen müßten beseitigt werden, ebenso wie die zirkulierenden Ge-
rüchte von dem Plan eines Einfalles von 100000 Soldaten in Schleswig-
Holstein und von völlig grundlosen Angriffen, die wohl dazu dienen könnten,
die Feder gewisser Männer von der Presse dienstwillig zu machen, die aber
von jedem verantwortlichen Staatsmann kurzerhand zurückgewiesen würden.
6. November. (London.) Staatssekretär Lord Lansdowne
sagt über das Bündnis mit Japan und das Einvernehmen mit
Frankreich:
Es sei nötig, die auswärtige Politik von der Parteipolitik zu trennen.
Die auswärtige Politik müsse in diesen Tagen, in denen die Völker sich
gruppierten und bis an die Zähne bewaffneten, und in denen keine Nation,
die ihren Platz in der Weltpolitik einnehmen wolle, wagen dürfe, allein
zu stehen, eine kontinuierliche sein. In Japan habe England einen Ver-
bündeten gewonnen, auf den es stolz sein dürfe. In diesem Bündnis trage
nichts den Ausdruck einer Verschwörung gegen andere. Da gäbe es keine
gebeimen Gründe und keine geheimen Klauseln hinter den veröffentlichten
okumenten, sondern der vornehmste Zweck sei die Erhaltung des Friedens,
und wenn England und Japan den Frieden im fernen Osten wünschten,
würde er nicht gebrochen werden. Der zweite Zweck des Bündnisses sei
die Erhaltung der Integrität Chinas und das Prinzip der offenen Tür.
Dieser Vertrag sichere so die Verwirklichung der Politik der beiden Länder.
Der dritte Zweck sei die gegenseitige Verteidigung gegen Angriffe, die man
nicht herausgefordert habe. Er glaube auch, daß der keineswegs aggressive
Charakter dieses Bündnisses voll und ganz das richtige Verständnis im
Auslande finde. Weder im Einvernehmen mit Japan noch in dem mit
Frankreich liege irgend ein Verlangen, die Rechte anderer Länder zu be-
einträchtigen. Die Behauptung, diese Einvernehmen brächten notwendiger-
weise eine Entfremdung der übrigen Mächte mit sich, sei unbegründet und
zu beklagen. Wenn irgend eine andere Macht gewillt sei, mit England
ein ähnliches Einvernehmen abzuschließen, sei England dazu ebenfalls bereit,
vorausgesetzt, daß nichts geschehe, was Englands Freundschaft mit Frank-
reich und Japan beeinträchtige.
6. November. (London.) Ministerpräfident Balfour empfängt
eine Deputation von Arbeitslosen, die Einberufung des Parlaments
fordert. Balfour lehnt sie ab; man solle erst die Wirkung des
Arbeitslosengesetzes abwarten. — In den folgenden Tagen finden
mehrfach Demonstrationen Arbeitsloser statt.
9. November. (London.) Ministerpräsident Balfour sagt
beim Lordmayorsbankett über die auswärtige Politik:
Es ist gerade jetzt, wo in Ostasien der Friede geschlossen wurde,