Rußland. (März 3.) 261
mitzuwirken, völlig Meinem Herzenswunsch entspricht. Mein Wunsch be-
steht darin, in gemeinsamer Arbeit der Regierung und reifer Kräfte der
Gesellschaft die Verwirklichung Meiner auf das Wohl des Volkes gerich-
teten Absichten zu erreichen. Die Arbeit Meiner gekrönten Vorfahren
fortsetzend, bestrebt, die russischen Lande ungeschmälert zu erhalten und die
Ordnung zu wahren, habe Ich beschlossen, von nun an mit Gottes Hilfe
und mit Hilfe der würdigsten, das Vertrauen des Volkes genießenden und
von der Bevölkerung gewählten Männer an die Ausarbeitung und Be-
ratung legislativer Entwürfe heran zugehen. In Erwägung der besonderen
Verhältnisse des Vaterlandes, der Mannigfaltigkeit seiner Völkerstämme
und der in einigen seiner Teile schwachen Entwickelung des Bürgertums
haben russische Herrscher in ihrer Weisheit dem Lande Reformen je nach
den gereiften Bedürfnissen und nur in folgerichtiger Ordnung geschenkt.
Dabei haben sie die Kontinuität des festen historischen, an die Vergangen-
eit anknüpfenden Bandes beobachtet, die das Unterpfand für die Dauer-
hetianst und Festigkeit in der Zukunft bildet. Indem Ich gegenwärtig
diese Reformen unternehme, bin Ich überzeugt, daß die Kenntnis der ört-
lichen Bedürfnisse, die Lebenserfahrung und das besonnene, aufrichtige
Wort der gewählten Männer die Fruchtbarkeit der gesetzgeberischen Arbeiten
sichern wird zum wahren Nutzen des Volkes. Ich sehe jedoch gleichzeitig
voraus, wie kompliziert und schwierig die Verwirklichung der Reformen
unter unbedingter Wahrung der Unerschütterlichkeit der Grundgesetze des
Reiches sein wird. Daher habe Ich, da Ich Ihre langjährige admini-
strative Erfahrung kenne und Ihre ruhige Sicherkeit schätze, es für gut
befunden, unter Ihrem Vorsitze eine besondere Konferenz zur Beratung
der Wege für die Verwirklichung dieses Meines Willens einzusetzen. Gott
segne Mein gutes Beginnen. Möge Gott Ihnen helfen, dasselbe zum
Wohle des Mir von Gott anvertrauten Volkes erfolgreich durchzuführen.
ikolaus. «
3. März. Der „Regierungsbote“ veröffentlicht folgende Kund-
gebung des Zaren über den Krieg und die inneren Unruhen:
Der unerforschlichen Vorsehung hat es gefallen, das Vaterland
durch schwere Prüfungen heimzusuchen. Der blutige Krieg im fernen
Osten um die Ehre Rußlands und die Herrschaft in den Gewässern des
Stillen Ozeans, so dringend nötig zur Sicherung des friedlichen Gedeihens
nicht nur unseres, sondern auch anderer christlicher Völker auf Jahrhunderte
hinaus, hat von dem russischen Volke eine bedeutende Anspannung der
Kräfte verlangt und viele unserem Herzen nahestehende teure Opfer ge-
fordert. Während die ruhmvollen Söhne Rußlands mit aufopfernder
Tapferkeit kämpfen und ihr Leben für ihren Glauben, ihren Kaiser und
ihr Vaterland einsetzen, brachen in unserem Vaterlande selbst Wirren aus,
den Feinden zur Freude, uns zu tiefem Kummer. Von Hochmut ver-
blendet, machen übelgesinnte Führer einer aufrührerischen Bewegung freche
Anschläge gegen die heilige orthodoxe Kirche und die durch die Gesetze ge-
festigten Grundpfeiler des russischen Staates, indem sie meinen, wenn sie
den natürlichen Zusammenhang mit der Vergangenheit zerreißen, würden
sie die bestehende Staatsordnung zerstören und statt dieser eine neue Landes-
verwaltung auf neuer Grundlage errichten, die aber tatsächlich unserem
Vaterlande nicht angemessen sein würde. Der Anschlag auf den Groß-
fürsten Sergius, der vorzeitig inmitten der heiligen Denkmäler des Kremls
ums Leben kam, beleidigt tief das Nationalgefühl eines jeden, dem die
Ehre des russischen Namens und der Ruhm der Heimat teuer sind. De-
mütig tragen wir die niedergesandten Prüfungen und schöpfen Kraft und