Pußland. (Mai 5.—Juni Anfang.) 267
5. Mai. (Moskau.) Die Monarchistenpartei fordert nach
Befiegung der Japaner innere Reformen unter Stärkung der Auto-
kratie und der orthodoxen Kirche.
6. Mai. (Moskau.) Eine Versammlung liberaler Semstwo-
mitglieder verlangt eine Verfassung unter Einführung des geheimen
allgemeinen Wahlrechts und der Preß- und Versammlungsfreiheit.
7. Mai. In Schitomir in Wolhynien finden blutige Juden-
verfolgungen statt.
Mitte Mai. In den neun westlichen Gouvernements werden
die Beschränkungen der persönlichen, wirtschaftlichen, politischen und
religiösen Freiheit gemildert:
1. Personen polnischer Abstammung haben das Recht, innerhalb der
neun westlichen Gouvernements ohne besondere Begrenzung der Pachtdauer
Ländereien zu pachten und auf jedem gesetzlich zulässigen Wege von Per-
sonen, die ebenfalls polnischer Abstammung sind, Grundeigentum oder
Hypothekeneigentum zu erwerben; 2. die Polen haben das Recht, mit Er-
laubnis der Generalgouverneure oder der Gouverneure der betreffenden
Gouvernements in Polen außerhalb von Städten und Dörfern zur Be-
seitigung von Enklaven und zum Zweck der Abrundung ihres Grundbesitzes
Grundeigentum zu erwerben. Es steht ihnen auch das Recht zu, in dem
von dem Gesetze vorgesehenen Falle Grundeigentum auszutauschen; 3. auf
derselben Grundlage sind sie berechtigt, zu industriellen Zwecken Grund
und Boden von weniger als 60 Deßjätinen zu erwerben; 4. der vom Kaiser
am 8. Februar 1901 genehmigte Beschluß des Ministerkomitees, welcher das
Recht der katholischen Bauern zum Erwerb von Grundeigentum in den
neun westlichen Gouvernements beschränkte, wird abgeschafft; 5. die Adels-
wahlen werden wieder eingeführt. Der Minister des Innern, hat sobald
als möglich dem Staatsrat seine Vorschläge bezüglich der Adelsversamm-
lungen, Grenzen der Rechte und Pflichten der Führer des Adels zu unter-
breiten; 6. der Unterricht in polnischer und litauischer Sprache wird in
den Schulen der neun Gouvernements, welche das Programm von Elementar-
schulen haben, und in Mittelschulen an den Orten gestattet, wo die Mehr-
zahl der Schüler Polen oder Litauen sind. Der Unterrichtsminister hat
die Mittel zur sofortigen Verwirklichung der Bestimmung zu prüfen.
Außerdem sind auch die übrigen vom Kaiser genehmigten Beschlüsse des
Ministerkomitees bezüglich der neun westlichen Gouvernements durchzuführen.
24. Mai. (Baku.) Der Gouverneur wird durch ein Bomben-
attentat getötet.
Mai. (Kaukasus.) Seit dem 23. liefern sich in Nachitschewan
Armenier und Tataren heftige Kämpfe.
Ende Mai. (Warschau.) Große blutige Schlägereien, in
denen namentlich jüdische Arbeiter eine Rolle spielen. Viele Straßen,
besonders die öffentlichen Häuser, werden geplündert und zerstört.
Anfang Juni. Aufnahme der Niederlage Roschdestwenskys.
Die meisten Blätter betonen, daß die kriegerischen Unfälle durch die
schlechten Zustände im Innern hervorgerufen seien. Einige verlangen