22 Das Deutsche Reith und seine einzelnen Glieder. (Januar 30./31.)
und bitte, einer Zurückziehung der beiden Anträge zustimmen zu wollen.
Ich will weiter berichten, daß der Oberberghauptmann in Dortmund am
Sonnabend wiederholt mit den sieben Vertretern der Arbeiter verhandelt
hat, daß das Resultat dieser Verhandlungen gewesen ist, daß sechs Kom-
missionen eingesetzt werden, die mit größter Beschleunigung die vorgebrachten
Beschwerden untersuchen sollen, daß diese Kommissionen entgegen der ur-
sprünglich beabsichtigten Form nicht nur eine Zusammensetzung durch die
Revierbeamten sein werden, sondern daß für jeden der Untersuchungsplätze
wirkliche Kommissionen aus Mitgliedern des Oberbergamts und der inneren
Verwaltung gebildet werden, damit von vornherein die Untersuchungen
jeden Verdacht der Einseitigkeit unmöglich machen. Ich habe die Hoffnung,
daß bei diesen Untersuchungen eine Klarstellung über die große Mehrzahl
der Beschwerden eintreten wird, und damit im wesentlichen auch bereits
erreicht werden wird, was die beiden Parteien mit ihren Anträgen haben
erreichen wollen. Ich habe die Hoffnung gehabt, daß die Bekanntgabe der
ernsten Absicht der Regierung, die Beschwerden im Verhandlungswege ab-
zustellen, ausreichen würde, die Arbeiter zur Ruhe und zur Rückkehr zur
Arbeit zu bringen. Ich habe mit Bedauern erfahren müssen, daß das nicht
der Fall war, und ich kann hieran nur die Erklärung knüpfen, daß ich
nicht hoffen will, daß die Arbeiterführer und die aufgeregten Arbeiter-
massen auf die Dauer in gleicher Weise fehlerhaft verfahren werden, indem
sie, trotzdem sie wissen, daß die Hauptbeschwerden gehoben werden, dennoch
den Streik zu ihrem eigenen und zum allgemeinen Nachteil weiter fort-
setzen werden.
Infolge dieser Erklärung zieht Abg. Stötzel seinen Antrag zurück,
der Antrag Bachmann wird von der Tagesordnung abgesetzt.
30./31. Januar. (Reichstag.) Südwestafrika: Indemnitäts-
frage; Entschädigung. der Ansiedler.
Staatssekretär Frhr. v. Stengel: Der zweite Nachtrag zum Reichs-
haushaltsetat für 1904 enthält bei verschiedenen Punkten nicht die Forde-
rung nach Indemnität. Sobald die Bedenken darüber in der Budget-
kommission hervorgetreten und zur Kenntnis des Reichskanzlers gebracht
worden waren, hat derselbe die Zustimmung des Bundesrats zu einer
entsprechenden Ergänzung des Gesetzentwurfs eingeholt und durch mich
schon in der Kommission dieses Hauses um Erteilung der Indemnität er-
suchen lassen. Sie finden den Wortlaut meiner Erklärung in den vor-
liegenden Drucksachen. Der Reichskanzler ersucht nunmehr auch das Plenum
förmlich um Erteilung der Indemnität für diese Ausgaben, welche auf die
Verwendungszwecke des zweiten Nachtrags für die Schutzgebiete für das
Jahr 1904 bereits erwachsen sind. Ferner habe ich auf Grund eines wei-
teren heute gefaßten Beschlusses des Bundesrats das Einverständnis der
verbündeten Regierung damit zu erklären, die unter Kapitel 2 Tit. 4 des
Nachtragsetats für die Schutzgebiete eingebrachte Forderung von 200000 Mark
für Vorarbeiten zum Bau einer Eisenbahn von Windhuk nach Rehoboth
aus den gegenwärtigen Vorlagen auszuscheiden und diese Forderung in
einer besonderen, eingehender zu begründenden Vorlage seinerzeit dem
Reichstage zur Beschlußfassung erneut einzubringen.
Abg. Bebel (Soz.) tadelt scharf das eigenmächtige Ausgeben nicht-
bewilligter Gelder; der Reichstag hätte schon bei der Chinaexpedition sein
Budgetrecht besser wahren sollen, um der Regierung die Wiederholung
dieser Eigenmächtigkeiten zu verwehren. Die Behauptungen, die die Sozial-
demokraten voriges Jahr über den Ursprung des Krieges aufgestellt hätten,
seien bestätigt worden. Die Kriegführung sei grausam. Kolonialdirektor