Mittel· und Süd-Ameriks. (Januar Anf. 22.) 301
Handelsbeziehungen mit den anderen Völkern dieses Kontinentes herbeizu-
führen. Eine Politik der Sparsamkeit sei ernstlich zu empfehlen, doch nicht
am falschen Platze. An der Marine Abstriche zu machen, wäre ein Ver-
brechen gegen die Nation, oder nicht alle Arbeiten am Panamakanal zu
fördern, eine große Torheit. In betreff der Monroedoktrin erklärt die
Botschaft, die Vereinigten Staaten hätten keine Annexionsgelüste gegenüber
den südlichen Republiken, sondern hätten nur die Wohlfahrt aller im Auge.
Wenn eine südliche Republik z. B. einen Bürger einer fremden Nation
verletzt hätte, nötige die Doktrin die Vereinigten Staaten nicht zum Ein-
schreiten, um sie vor Bestrafung zu schützen. Im Falle, daß es nur um
Schuldverhältnisse sich handle, sei die Sache schwieriger. Der beste Ausweg
sei dann, daß die Vereinigten Staaten durch Vermittelung ein Einschreiten
fremder Mächte zu verhüten suchten. Besonders geht sie auf den Fall von
San Domingo ein. Hier habe die Regierung, um ein gewaltsames Vor-
gehen europäischer Regierungen zu vermeiden, ein Abkommen in die Wege
geleitet, das San Domingo instand setzen solle, den gerechten Forderungen
der Schuldner zu genügen. Dieses Abkommen liege dem Senate vor. Die
Armee, so klein sie sei, und die Marine seien bei höchster Leistungsfähigkeit
zu erhalten. In der Einwandererfrage — die Zahl der Einwanderer hatte
vom 30. Juni 1904 bis 30. Juni 1905 die enorme Höhe von 1028000
Personen — wünscht die Botschaft verschärfte Gesetze und regt eine inter-
nationale Konferenz zur Regelung dieser Frage von mehr als nationaler
Bedeutung an. Weiter wird der befriediegende Zustand der Philippinen
hervorgehoben und die Befestigung von Hawaii energisch befürwortet.
Schließlich empfiehlt der Präsident dem Kongreß aufs entschiedenste, ohne
Verzug eine genügende Summe zu bewilligen, um die laufenden Ausgaben
für den Panamakanal zu decken.
XXII.
Mittel= und Süd-Amerika.
Anfang Januar. Chile dementiert das Gerücht, daß es mit
Rußland über den Verkauf von Kriegsschiffen unterhandle.
22. Januar. Vertrag zwischen Santo Domingo und den
Vereinigten Staaten.
Die Regierung und der Gesandte der Vereinigten Staaten unter-
zeichnen ein Protokoll, worin die Vereinigten Staaten die Unversehrtheit
des Gebietes von San Domingo garantieren und worin sie die Verant-
wortung übernehmen, die innere und die äußere Schuld der Republik zu
ordnen. Sie werden die Bedingungen der Bezahlung festsetzen, unrecht-
mäßige Ansprüche zurückweisen, über die Rechtsgültigkeit und den Betrag
der schwebenden Forderungen entscheiden und die Zollverwaltung übernehmen.
Die Beamten derselben sind aber den Gesetzen von San Domingo unter-
worfen. Die Vereinigten Staaten werden ferner für notwendige Ausgaben
45 Proz. der Zolleinnahmen der Regierunng von San Domingo zustellen
und die Beamten der Zoll- und Steuerverwaltung und die Zinsen der