Das Benische Reich und seine einjelnen Glieder. (Mai 28.) 123
ausgeübt wird. Darüber, ob und in welchem Umfange ein solches Recht
besteht, beschließt die Schulaufsichtsbehörde. Gegen deren Beschluß steht
den Beteiligten binnen drei Monaten beim Kreisausschusse und, sofern
eine Stadt beteiligt ist, beim Bezirksausschusse die Klage im Verwaltungs-
streitverfahren zu. Hinsichtlich der Bestätigung, der Ausfertigung der
Ernennungsurkunde und der Anstellung finden im Falle des Absatzes 8
die Bestimmungen von Absatz 4 bis 6 sinngemäße Anwendung. Die Aus-
übung des Wahlrechtes (Absatz 2 und 3), des Berufungsrechtes (Vorschlag
u. s. w.), oder die Anhörung (Absatz 8) findet nicht statt, wenn die Be-
setzung der Stelle durch Versetzung im Interesse des Dienstes (§ 87 Nr. 1
des Gesetzes vom 21. Juli 1852) erfolgt. Den ohne Mitwirkung des Be-
rechtigten angestellten Lehrkräften wird eine Vergütung für Umzugskosten
aus der Staatskasse gewährt. Die näheren Bestimmungen über die Höhe
der Vergütung werden durch ein von dem Unterrichtsminister in Gemein-
schaft mit dem Finanzminister zu erlassendes Regulativ getroffen. Wo
mit dem Schulamte ein kirchliches Amt vereinigt ist, wird an dem be-
stehenden Rechte hinsichtlich der Mitwirkung der kirchlichen Beteiligten bei
der Anstellung nichts geändert. Das Verfahren bei der Verwendung nicht
voll oder auftragsweise beschäftigter Lehrkräfte wird durch ein vom Unter-
richtsminister zu erlassendes Regulativ geordnet.
Abg. Friedberg (nl.) sieht in dem Antrage eine glückliche Lösung
der Differenzen. So könne das Gesetz verabschiedet werden. Große Ver-
dienste um das Zustandekommen habe sich namentlich Ministerialdirektor
Schwartzkopff erworben. Abg. Dr. Porsch (3.): Unsere Stellung zu den
einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfes haben wir sowohl in der
Kommission als auch bei der zweiten Lesung im Plenum deutlich genug
kundgegeben. Wir haben eine Reihe Anträge eingebracht, um die Vorlage
unserer Auffassung nach günstiger zu gestalten. Einige dieser Anträge
sind angenommen, die meisten und gerade die für uns wertvollsten ab-
gelehnt worden. Wir mußten deshalb gegen mehrere Paragraphen oder
Teile derselben stimmen. Unsere Bedenken richten sich zunächst gegen die
Ausschließung mehrerer Provinzen von diesem Gesetze. Es ist nicht ein-
zusehen, warum die Simultanschule in Nassau, weil sie sich dort historisch
entwickelt hat, in ihrer privilegierten Stellung erhalten bleiben soll, wäh-
rend die konfessionelle Schule in Hannover, wo sie ebenfalls auf Gesetz
und Geschichte beruht, aus ihrer jetzigen Stellung verdrängt werden soll.
Es ist uns unerfindlich, wie in Westpreußen und Posen gerade die Simultan-
schule zum Schutze des Deutschtums notwendig sein soll und deshalb ge-
fördert werden muß. Unsere schwersten Bedenken richten sich gegen den
§ 20. Wir legen den Artikel 24 der Verfassung dahin aus, daß die kon-
fessionelle Schule die Regel, die Simultanschule eine nur durch zwingende
Gründe gebotene Ausnahme sein soll. Ob nun dieses Verhältnis von
Regel und Ausnahme in dem Entwurf überall ausreichend zum Ausdruck
kommt, erscheint uns mindestens zweifelhaft. Die Interessen der konfessio-
nellen Minderheiten scheinen uns nicht genügend berücksichtigt. In dem
§ 20 jetzt 36 und § 23 jetzt 39 ist eine zu große Zahl von Kindern und
von Antragstellern für die Errichtung besonderer Schulen für die konfessio-
nellen Minderheiten gegenüber bestehenden Konfessionsschulen gefordert
worden. Wenn wir diesen uns nicht befriedigenden Gesichtspunkt hervor-
heben, so wollen wir dadurch keineswegs die Vorzüge der Vorlage gegen-
über der bisherigen Rechtslage verkennen und herabsetzen. Insbesondere
legen wir großen Wert darauf, daß die Konfessionsschule jedenfalls als
Regel gesetzlich festgelegt und daß die sehr schwierige Frage der Schul-
unterhaltungskosten gesetzlich in befriedigender Weise geregelt wird. Wir