124 Nas Denishhe Reith und seine einjelnen Glieder. (Mai 29.)
haben diesen und andere Vorzüge dadurch anerkannt, daß wir für die
meisten Paragraphen stimmen konnten. Trotzdem und zwar wegen der
mehrfachen in unseren Augen großen Mängel glauben wir bei der end-
gültigen Verabschiedung der Vorlage nicht positiv mitwirken zu können.
Wir werden uns daher der Schlußabstimmung enthalten, indem wir gleich-
zeitig hoffen, daß die Verhandlungen des Herrenhauses die Vorlagen uns
annehmbarer gestalten werden. (Bravo im Zentrum.) ·
Abg. Cassel (fr. Vp.): Wir verzichten darauf, unsere Anträge aus
der zweiten Lesung nochmals einzubringen, aber wir halten uns für ver-
pflichtet, bis zum letzten Augenblick unsere grundsätzliche Haltung diesem
Gesetz gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Daß eine gesetzliche Regelung
und anderweitige Verteilung der Volksschullasten nötig ist, haben wir von
Anfang anerkannt. Wir haben zwar schwere Bedenken dagegen, wie diese
Verteilung durch dieses Gesetz zu erfolgen hat. Wir sind der Meinung,
daß durch die Art der Zusammenlegung der Schulverbände die Autonomie
der Gemeinden ohne genügenden Grund vielfach beeinträchtigt worden ist,
und zwar in einer Weise, daß in zahlreichen Fällen leistungsfähige Ge-
meinden zugunsten schwacher Gemeinden Opfer bringen müssen, wo der
Staat hätte eingreifen können. (Beifall und Zustimmung links.) Wir
bedauern, daß nicht durch Einführung des verwaltungsgerichtlichen Streit-
verfahrens im allgemeinen genügend Kautelen zur Wahrnehmung der
Interessen gegeben sind. Gleichwohl hätten diese Gesichtspunkte uns nicht
zu einer Ablehnung des gesamten Gesetzes gebracht, das immerhin nach
der Richtung der Verteilung der Volksschullasten gegenüber dem jetzigen
Zustande einen Fortschritt bedeutet, wenn nicht in Abschnitt 41 die gesetz-
liche Festlegung der Konfessionsschule und die Degradierung der Simultan-
schule ausgesprochen wäre. Wir stehen nach wie vor auf dem Stand-
punkte Gneists, daß das Landrecht keine Konfessionsschule kennt. Diese
Degradierung der Simultanschule können wir nicht mitmachen.
Nach kurzer Debatte wird der Antrag und das ganze Gesetz durch
die Stimmen der konservativen Fraktionen und Nationalliberalen an-
genommen. Die Linke stimmt dagegen, das Zentrum enthält sich. Kultus-
minister Dr. Studt dankt lebhaft für die Erledigung des Gesetzes.
29. Mai. Das Preußische Abgeordnetenhaus genehmigt
mit geringer Mehrheit folgenden Antrag der Konservativen über
Einzelstaaten und Reichsrecht:
Die Königliche Staatsregierung aufzufordern: im Bundesrate dahin
zu wirken, daß Eingriffe in die Verfassung der Einzelstaaten, insbesondere
Preußens, im Wege der Reichsgesetzgebung, vermieden, jedenfalls nicht
ohne Einvernehmen mit den Einzellandtagen vorgenommen werden. —
Der Antrag ist hervorgerufen durch das Diätengesetz (S. 105). Die Kon-
servativen sehen darin eine Kollision mit der preußischen Verfassung.
Minister des Innern v. Bethmann-Hollweg bestreitet das und erklärt
das Bestreben, den Bundesrat von der Zustimmung der Einzellandtage
abhängig zu machen, für höchst bedenklich. Der Gegensatz von Reichs-
gewalt und Volksvertretung werde verwischt. Abg. Herold (3.) ist für
Stärkung der föderativen Grundlagen, sieht aber in der Regelung der
Diäten keine prinzipielle, sondern eine rein praktische Frage, für die solche
Erörterungen nicht geeignet seien.
29. Mai. Der Kaiser genehmigt ein neues Exerzierreglement
für die Infanterie durch folgende Ordre:
Ich genehmige das beifolgende Exerzierreglement für die Infanterie