Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 16. 17.) 9
des Militärpensionsgesetzes benutzen muß, um seinem Standpunkt in der
Duellfrage etwas mehr Geltung zu verschaffen.
16. Januar. (Reichstag.) Koloniales. Usambarabahn;
Zwangsarbeit; Islam.
Der Nachtragsetat enthält Forderungen, die hervorgerufen sind durch
den Aufstand in Ostafrika und die Fehlbeträge der jetzt verpachteten Usam-
bara-Bahn. — Erbprinz zu Hohenlohe: Der Aufstand habe wenig Blut
und Gut gekostet, weil die kultiviertesten Teile ruhig geblieben seien. Die
farbigen Truppen hätten sich gut gehalten, aber besonderes Lob verdienten
die Offiziere. Die Machtmittel an Soldaten mußten verstärkt und Militär-
und Zivilgewalt schärfer getrennt werden. Abg. Erzberger (3.): Der
Etat sei flüchtig aufgestellt. Warum enthalte er nichts über die Ursachen
des Aufstandes? Der Aufstand sei durch die Hüttensteuer und Zwangs-
arbeit hervorgerufen worden: warum macht man den übrigen Kolonial-
nationen diese Fehler nach? England habe überdies längst die Fronarbeit
abgeschafft. Das Recht des Reichstags in der Kolonialgesetzgebung müsse
erweitert werden, damit solche Fehler verhindert würden. Die Kolonial-
verwaltung habe die Warnungen der Missionare nicht beachtet. Befremdlich
sei die Forderung des Islam in Ostafrika. Warum sei der Nachtragsetat
so spät vorgelegt worden? Geh. Legationsrat Dr. Seitz: Der Etat konnte
nicht eher vorgelegt werden, weil der Aufstand bei Beginn nicht zu über-
sehen war; erst Mitte November habe das Kolonialamt genaue Nachrichten
über die Truppenwerbungen und Kosten geben können. Der Gouverneur
habe stets mit der Möglichkeit eines Aufstandes gerechnet, deshalb schon
länger Verstärkung seiner Machtmittel beantragt. Abg. Paasche (nl.): Die
Zwangsarbeit sei unentbehrlich, sie dürfe nur nicht in Fronarbeit ausarten.
Man sollte nicht so häufig mit den Bezirksbeamten wechseln, damit der
Neger Vertrauen zu den Persönlichkeiten fassen könne. — Die Forderungen
werden der Budgetkommission überwiesen.
17. Januar. (Reichstagswahl.) Bei der Ersatzwahl in
Bonn-Rheinbach erhält Spahn (Z.) 15662, Erlmann 1533 Stimmen.
17. Januar. (Berlin.) Staatssekretär des Auswärtigen
Frhr. v. Richthofen Geboren 13. Oktober 1847, 1876 Hilfs-
arbeiter im Auswärtigen Amt, 1885 Vertreter in Kairo, 1896
Kolonialdirektor, 1898 Unterstaatssekretär, 1900 Staatssekretär. —
Sein Nachfolger wird der Gesandte in Hamburg v. Tschirschky und
Bögendorff.
17. Januar. Der Reichstag genehmigt folgende Anträge
auf Gewährung von Diäten:
Einen Antrag Bassermann (nl.): Der Reichstag wolle beschließen,
die verbündeten Regierungen zu ersuchen, unverzüglich einen Gesetzentwurf
wegen Einführung von Anwesenheitsgeldern und freie Eisenbahnfahrt für
die Mitglieder des Reichstages vorzulegen.
Einen Antrag Graf Hompesch (Z.): Die Mitglieder des Reichs-
tages erhalten aus Reichsmitteln während der Legislaturperiode, und zwar
solange der Reichstag versammelt ist, sowie acht Tage vor Eröffnung und
acht Tage nach Schluß desselben freie Fahrt auf den Eisenbahnen und für
die Dauer ihrer Anwesenheit bei den Sitzungen des Reichstages Anwesen-
heitsgelder in der Höhe von 20 Mark für den Tag. Der Anwesenheit bei