Das Denisthe Reithh und seine einjelnen Glieder. (November 14./15.) 187
Regieren die Ideen eines Mannes ändert.“ Das machte mir damals einen
gewissen Eindruck; ich war selbst noch nicht Minister gewesen. Das habe
ich mir gemerkt; denn das kommt auch anderswo vor. (Erneute Heiterkeit.)
Was die italienischen Politiker angeht, so braucht die große Mehrzahl der-
selben gar nicht ihre Ansichten zu ändern, denn alle verständigen italieni-
schen Politiker, mögen sie Minister sein oder Minister werden können, sind
zu patriotisch und zu klug, als daß sie das italienische Staatsschiff aus
dem ruhigen Hafen des Dreibundes mit seinem sicheren Ankergrund hinaus-
führen möchten in die stürmische See neuer Gruppierungen zu kompaß-
loser und abenteuerlicher Fahrt. Die italienischen Politiker in allen Lagern
wünschen die Erhaltung des Friedens. Solange Italien fest und loyal
zum Dreibund hält, trägt es schon dadurch zur Aufrechterhaltung des Frie-
dens bei, für sich und für die anderen. Wenn sich Italien vom Dreibunde
ablöste oder eine schwankende und zweideutige Politik verfolgte, so würde
das die Chancen einer großen und allgemeinen Konflagration erhöhen.
Der Dreibund hat noch nicht Gelegenheit gehabt, sich praktisch zu erproben.
Diese Möglichkeit ist ihm aber hauptsächlich deshalb erspart geblieben, weil
er bestand, weil das mitteleuropäische Bündnis eben vorhanden war. Das
hat wesentlich dazu beigetragen, Gefahren für die Integrität und die Un-
abhängigkeit der verbündeten Reiche und damit eine Hauptgefahr für den
europäischen Frieden fernzuhalten. Wenn es gelungen ist, diese Gefahren
ohne blutige Zusammenstöße oder beständige, für den Handel und Wandel
verderbliche Kriegsdrohungen und Befürchtungen abzuwehren, so beweist
das den Wert des Dreibunds, der auch heute noch vor andern sonst denk-
baren Kombinationen gewichtige Vorzüge hat. Der Dreibund hat unter
anderen auch den Nutzen, daß er zwischen den drei verbündeten Reichen
Konflikte ausschließt. Wären Italien und Oesterreich-Ungarn nicht Ver-
bündete, so könnten die Beziehungen zwischen beiden gespannte werden.
So bedeutet der Dreibund, an welchem die drei Verbündeten gleichmäßig
interessiert sind (Sehr wahr! rechts), wir nicht weniger, aber auch keines-
wegs mehr als die andern, nicht nur eine politische Entlastung Europas,
sondern auch eine Hauptquelle der gegenwärtigen allgemeinen wirtschaft-
lichen Prosperität, die eng mit der Erhaltung des Friedens verknüpft ist.
Und so können wir ohne Uebertreibung und ohne Ueberhebung sagen, daß
die Fortdauer des Dreibunds auch dem europäischen Interesse entspricht,
weil dem Interesse des Friedens. Meine Herren, es ist auch mir ein Be-
dürfnis auszusprechen, wie verläßlich die Unterstützung war, die uns Oester-
reich-Ungarn auf der Konferenz von Algeciras gewährt hat. Ich brauche
nicht hinzuzufügen, daß wir eintretendenfalls Oesterreich-Ungarn dieselbe
Treue halten werden, getragen von der Zustimmung dieses hohen Hauses
und der ganzen Nation. (Lebhaftes Bravol) Es ist mir unbegreiflich,
wie man hat annehmen können, und zwar namentlich bei dem Besuche
unseres Kaisers in Wien, wir wollten uns in die inneren Verhältnisse der
Habsburgischen Monarchie einmischen. Wir mischen uns nicht in fremde
Verhältnisse ein und geben auch keinen Rat, wenn er nicht erbeten wird.
(Zustimmung.) So was zu tun, ist taktlos wie jede Aufdringlichkeit. Ins-
besondere bedarf der Monarch keines Rats, der nun schon seit so vielen
Jahren und Jahrzehnten nicht ohne ernste Prüfungen und schwere Schick-
salsschläge, aber immer pflichttren, immer gerecht die Völker und Länder
am Donaustrom regiert. Auch in den Konflikt zwischen Zisleithanien und
Transleithanien haben wir uns nie eingemischt. Das wäre eine Torheit
gewesen, ungefähr ebenso töricht, als wenn sich einer in einen Streit zwi-
schen Eheleuten einmengt, was nämlich das sicherste Mittel ist, es mit
beiden zu verderben. (Heiterkeit.) Das würde in Widerspruch gestanden