218 JNas Veuische Reich und seine einjelnen Elieder. (Nov. 29.—Dez. 5.|13.)
29. November. (Hessen.) Die Zweite Kammer beschließt
eine Glückwunschadresse an den Großherzog zur Geburt eines Erb-
großherzogs (8. November); die Sozialdemokraten stimmen zu. —
Der „Vorwärts“ greift sie dafür scharf an.
3. Dezember. (Berlin.) Eine von der Kolonialabteilung
berufene Konferenz von Fachmännern und Parlamentariern berät
über die Prüfung der Rechte und Pflichten der Landgesellschaften.
4. Dezember. (Württemberg.) Ministerpräsident Justiz-
minister v. Breitling tritt zurück; Ministerpräsident wird Minister
des Auswärtigen v. Weizsäcker, Justizminister Staatsrat v. Schmidlin.
5. Dezember. (Berlin.) Der französische und spanische Bot-
schafter überreichen gleichlautende Noten über das zwischen Frank-
reich und Spanien vereinbarte Vorgehen in den marokkanischen
Gewässern. Staatssekretär v. Tschirschhy nimmt sie dankend zur
Kenntnis.
5. Dezember. Der Reichstag bespricht zwei Interpellationen
der Polen und des Zentrums über den polnischen Schulstreik in
Preußen.
5./113. Dezember. (Reichstag.) Budgetkommission über Süd-
westafrika. Ablehnung des Nachtragsetats. Indiskretion. Bahn
nach Keetmanshoop.
Am 7. Dezember behauptet Abg. Erzberger (3.), der Abg. Semler
(ul.) habe Geschäftsfreunde veranlassen wollen, auf Fernando Po Unter-
nehmungen zu begründen und dort Konflikte mit der spanischen Verwaltung
hervorzurufen, damit die Regierung einschreiten und die Insel womöglich
annektieren könne. Abg. Semler kann sich an diese Einzelheiten nicht
erinnern und verspricht später Aufklärung. Es wird beschlossen, Still-
schweigen über diese Frage zu bewahren. Trotzdem veröffentlicht die „Köl-
nische Volkszeitung“ einen ausführlichen Bericht über diese Kommissions-
sitzung, andere Zeitungen bringen kürzere Berichte. Die Presse fordert
lebhaft Aufklärung über den angeblichen Putschversuch Semlers. — Am
11. Dezember wird in der Kommission der Vertrauensbruch scharf gerügt,
aber der Urheber nicht festgestellt. Abg. Semler weist die Behauptung
Erzbergers als gegenstandslos und seinen Gewährsmann als unglaubwürdig
nach. Abg. Paasche (nl.) tadelt Erzberger scharf, sich zum Sprachrohr
solchen Klatsches zu machen.
Abg. Engelen (3.) beantragt, soviel Truppen aus Südwestafrika
zurückzuziehen, daß am 1. April 1907 nur noch 2500 Mann im Schutz-
gebiete ständen. Diese Truppenmacht würde mit den in ihrer Widerstands-
kraft gebrochenen Feinden fertig werden. Kolonialdirektor Dernburg er-
klärt die Festlegung auf 2500 Mann für unmöglich; die Mindeststärke sei
bis 1. April 8000 Mann, nach Fertigstellung der Bahn 7000. Abg. Spahn
(3.): Es müsse endlich einmal Ernst gemacht werden. Die Aufwendungen
für die Kolonien müßten doch im Verhältnis zum Werte der Kolonien
stehen; in diesem Falle träfe dies jedoch ganz und gar nicht zu. Zum
Kleinkriege gehöre eine sehr bewegliche, gute Truppe, nicht eine große