220 Fas Veuische Reich und seine einjelnen Glieder. (Dezember 13.)
mission ist zu einem positiven Resultat nicht gelangt, sie hat vielmehr alle
Anträge und die Regierungsvorlage abgelehnt. Der Vorschlag, uns schon
jetzt für das Etlatsjahr 1907 auf eine bestimmte, gegenüber der jetzigen
wesentlich verminderte Truppenanzahl festzulegen, ist für die verbündeten
Regierungen unannehmbar. (Beifall rechts.) Meine Herren, es ist Ihrer
Kommission von sachverständiger militärischer Seite dargelegt worden, daß
die verlangte Truppenstärke wirklich notwendig und daß eine Verminderung
tatsächlich unmöglich ist, weil dadurch die Durchführung der militärischen
Operationen verhindert werden würde. Ein Einstellen der militärischen
Aktion vor völliger Niederwerfung des Aufstandes würde aber die schwer-
wiegendsten Folgen nach sich ziehen. Diese Folgen würden nicht nur be-
stehen in dem Verluste des Südens unseres Schutzgebietes, wir würden
auch die Mitte und den Norden schwer gefährden. (Zustimmung rechts.)
Wir würden, das sagen alle Kenner der Verhältnisse, binnen kurzer Frist
neue Ausstände in allen Teilen unseres Schutzgebietes zu gewärtigen haben,
deren Bewältigung uns die doppelten und dreifachen Opfer kosten würde,
wie wir sie schon bisher gebracht haben. Solche Aufstände in unserem
südwestafrikanischen Schutzgebiete würden naturgemäß auf unsere anderen
Kolonien überspringen, wir würden eine allgemeine Auflehnung gegen die
weiße Herrschaft erleben (Zustimmung rechts). Die geringe Anzahl un-
serer Schutztruppen würde einer solchen Bewegung nicht gewachsen sein,
wir ständen dann vor der Frage, ob wir unsere Kolonien mit unverhältnis-
mäßigen Opfern und Kosten wiedererobern oder für immer verlieren wollen.
(Zustimmung rechts.) Nicht nur die militärischen Autoritäten, sondern alle
Sachverständigen stimmen darin überein, daß es sich um eine letzte An-
strengung handelt, um unseren Kolonien dauernd Ruhe und Sicherheit
wiederzugeben. Wenn wir vor diesem letzten Opfer zurückscheuten, so würden
wir uns nach meiner Ansicht einer schweren Unterlassung, einer nationalen
Versündigung schuldig machen. (Beifall rechts.) Ich kann nicht annehmen,
meine Herren, daß dieses Hohe Haus einen solchen in finanzieller und
militärischer, in Paidese, und nationaler Hinsicht gleich bedauerlichen und
bedenklichen Entschluß fassen wird. Sollte ich mich hierin täuschen, so
würde ich als verantwortlicher Leiter der Reichsgeschäfte nicht in der Lage
sein, vor dem deutschen Volk und der Geschichte eine solche Kapitulation
zu unterschreiben. (Beifall und Zustimmung von verschiedenen Seiten.)
Abg. Schmidt (fr. Vp.): Seine Partei halte die Festsetzung einer
Mindestzahl für unmöglich und bringe deshalb den Antrag Ablaß ein:
Der Reichstag wolle beschließen: dem Dispositiv des Kap. 2 Tit. 1 der
Ausgabe hinzuzufügen: mit der Maßgabe, daß die Heimsendung von wei-
teren 4000 Mann im Laufe des Rechnungsjahres erfolgen soll und bis
zum Ablauf des Rechnungsjahres die Vorbereitungen zu einer erheblichen
weiteren Verminderung der Gesamtstärke der Schutztruppe, entsprechend
der fortschreitenden Beruhigung des Schutzgebietes, getroffen werden. Abg.
Roeren (Z.) rügt, daß der Kolonialdirektor auf die von ihm vorgebrachten
Mängel nicht eingegangen sei, und verteidigt sein Verhalten in der Wistuba-
frage. Mit den Verhandlungen, die ich mit dem Kolonialamt gepflogen
hab, steht es so, daß ich zwar den ersten Schritt getan habe, daß ich aber
dann persönlich ersucht worden bin, die Vermittlung mit Wistuba zu führen.
Es lag bei uns und bei der Kolonialverwaltung der Wunsch vor, die Vor-
gänge in Togo nicht öffentlich breit zu treten; sonst bin ich in meinem
Verhalten lediglich von dem Wunsche geleitet worden, den sehr befähigten
und tüchtigen jungen Beamten Wistuba, dem zweifellos schweres Unrecht
geschehen ist, zu verteidigen. Wenn nun der Herr Kolonialdirektor hier
mitgeteilt hat, ich hätte gelegentlich einer Vernehmung als Zeuge eine