Fas Denischhe Reich und seine einjelnen Glieder. (Dezember 13.) 221
Aeußerung getan, daß das Zentrum seine politischen Entschließungen von
dem Ausgang des Falles Wistuba abhängig machen würde, so erkläre ich
auf das bestimmteste, daß ich eine solche Aeußerung nicht getan habe. Wie
soll ich auch dazu kommen, eine solche Drohung an den einflußlosen Assessor
Brückner zu richten! Was nun die Form anbetrifft, in der ich die Sache
hier besprochen habe, so erkläre ich, daß ich schon bei der Lektüre des
Stenogramms meiner Rede die Empfindung gehabt habe, daß ich in meinen
Ausdrücken zu weit gegangen sei, und ich habe ohne jede Einwirkung eines
Dritten den „grünen“ Assessor gestrichen. Ich nehme auch hier die erste
Gelegenheit wahr, um das zu erklären. Mit aller Entschiedenheit muß
ich der Behauptung widersprechen, daß ich versucht hätte. in ein richter-
liches Verfahren einzugreifen. Es handelt sich bei meiner Vermittlung in
Sachen Wistuba nur um ein Disziplinarverfahren. Ich bin vom dama-
ligen Kolonialdirektor direkt aufgefordert worden, zu vermitteln und habe
für meine Tätigkeit ein Dankschreiben des Reichskanzlers erhalten. (Hört,
hört! im Zentrum.) Wie kann man da von Aufrichtung eines kandini-
schen Joches, einer unerträglichen Pression und einer Nebenregierung meiner-
seits reden! Das wird kein vernünftig denkender Mensch tun. (Lebhafter
Beifall im Zentrum.)
Kolonialdirektor Dernburg: Der Abg. Roeren hat mir vorgeworfen,
daß ich auf den materiellen Inhalt seiner Rede nicht eingegangen, sondern
daß ich auf ganz andere und fremde Dinge mich eingelassen hätte und da-
durch die Angelegenheit von ihrem Urgrund abgelenkt hätte. Ich erinnere
daran, daß der Abg. Roeren seine Behauptungen gestützt hat auf An-
schuldigungen, die gegen den Beamten Kersting ausgesprochen waren, und
die sich als absolut unbegründet ergeben haben. Auf solche unbegründeten
Bemerkungen einzugehen, hatte ich keine Veranlassung. Herr Roeren hat
von dem Bezirksleiter Schmidt behauptet, er hätte mit unerhörter Grausam-
keit und unter Beeinflussung von Zeugen in schauderhafter Weise in die
Rechtspflege eingegriffen. Von alledem hat aber Herr Roeren gar nichts
bewiesen. Daß Herr Roeren es sagt, ist noch kein Beweis, und was ein
Schwarzer aussagt, ist doch noch nicht Gottes reine Wahrheit. Wir können
die Eingeborenen nicht behandeln, wie sie es wünschen, sondern wie es
unserer Ehre und wie es der Ehre und Würde unserer Nation zukommt.
(Zustimmung rechts.) Schmidt hat einen beweglichen Brief an mich ge-
schrieben, worin er sagt, er hätte Herrn Roeren, der ihn in unerhörter
Weise angegriffen, gebeten, alles, was er hier im Hause gesagt habe, außer-
halb des Hauses zu wiederholen. Das hat Herr Roeren nicht getan, son-
dern sich auf einen Passus in dem Stenogramm bezogen. Es steht in dem
Stenogramm: „Nachdem Herr Schmidt ausgeschieden ist, kann kein Dis-
ziplinarverfahren mehr gegen ihn abgehalten werden.“ Damit fällt dieser
Fall schon weg. Es ist auch die Angelegenheit des Assessors Dietz hier
behandelt worden. Herr Dietz ist schlecht behandelt worden, und seine
Mutter hat mich darum gebeten, ihn zu rehabilitieren. Ich erkläre hier:
Assessor Dietz war ein außerordentlich tüchtiger, braver und wackerer Be-
amter, der im Dienst seines Vaterlandes und seines Kaisers in Togo ge-
storben ist. (Beifall rechts.) Was die Mission anbetrifft, so ist die von
errn Roeren vorgebrachte Geschichte schon sieben Jahre alt. Es handelt
sich dabei überhaupt nur um Dienstbotengeschwätz; es sind fünf Geschichten
von Köchen, die in dem Falle Kersting passiert sind. (Heiterkeit.) Wenn
das weitere Material ebenso ist, so können ja sehr hübsche Geschichten zu-
tage kommen. In der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung sind sämtliche
Schriftstücke abgedruckt, die der Abg. Roeren nur sehr unvollkommen ver-
lesen hat. In der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung wird erklärt, daß