222 JZas Veuische Reich uUnd seine einzelnen Glieder. (Dezember 13.)
nach einer sehr gründlichen Untersuchung des Falles sich ergeben habe, daß
Herr Roeren im Falle Wistuba versucht habe, mit einer parlamentarischen
Aktion und politischen Konsequenzen in ein Disziplinarverfahren einzu-
greifen. (Große und fortdauernde Unruhe im Zentrum.) Hier haben Sie
das ganze Material. Es ist schade, daß nicht Abschriften von den Briefen
vorliegen, die Herr Roeren geschrieben hat. Herr Roeren hat bloß die
Briefe verlesen, die ihm Kolonialdirektor Stübel und der Reichskanzler
geschrieben haben. Ich möchte aber hinweisen auf einen Brief des Herrn
Roeren vom 11. Februar 1906, worin Herr Roeren Wistuba für sechs bis
sieben höhere Stellen empfiehlt. Es würde mich nicht wundern, wenn
auch der Posten des Botschafters in Petersburg sich darunter befunden
hätte. (Große Heiterkeit, große Unruhe im Zentrum.) Ich glaube, wir
haben hier Wichtigeres zu tun, als Beschuldigungen und Entschuldigungen
entgegenzunehmen. Niemand kann hinwegdisputieren, daß der Regierung das
kaudinische Joch zugemutet worden ist. (Fortgesetzte Unruhe im Zentrum.)
Der Abg. Roeren hat das gar nicht geleugnet, er hat auch die Sache mit
dem Assessor Brückner nicht geleugnet, er hat überhaupt nichts geleugnet, son-
dern entschuldigt. (Beifall rechts, Widerspruch im Zentrum.) Ich habe mich
in dieser Angelegenheit des Abg. Roeren und in bezug auf seine Tätigkeit zur
Kolonialabteilung gewehrt, nicht deshalb, weil ich die frühere Tätigkeit des
Herrn Stübel als sehr unangenehm empfunden hätte, sondern weil der Abg.
Roeren auch versucht hat, sich in meine Amtstätigkeit hineinzumischen. Nach
einem mir im letzten Moment zugegangenen Briefe eines Paters in Togo hat
der Abg. Roeren versucht, in administrative Angelegenheiten im Falle Kersting
einzugreifen. (Hört, hört!) Herr Roeren sagte hier, er hätte die Sache
vorgebracht, weil diese Mißstände fortdauerten. Domkapitular Hespers hat
aber geschrieben, gegenwärtig bestünde nach überseeischen Berichten das beste
Einvernehmen zwischen Verwaltung und Missionen. Dieser Brief ist vom
20. November, Herr Roeren, und vom Domkapitular Hespers, wem soll
ich denn nun glauben? (Stürmische Heiterkeit.) Ich kann hier nur meine
Deklaration wiederholen: Es ist ganz gleichgültig, ob die Einmischung von
Herrn Roeren oder von einem anderen Mitgliede seiner Partei oder von
einer zweiten oder dritten Partei kommt, ich werde mich dagegen wehren
und die Flucht in die Oeffentlichkeit antreten, das eine wie das andere Mal,
wie es bisher gewesen ist und sehr gut gewesen ist. (Lebhafter Beifall.)) —
Was den freisinnigen Antrag betreffe, so seien von den 4000 Mann, deren
Zurückziehung gewünscht werde, bereits über die Hälfte zurückgezogen, der
Rest kehre vermutlich im März heim.
Abg. Schmidt (fr. Vp.) ändert den Antrag Ablaß deshalb formell
ab. — Abg. Ledebour (Sosz)e Es handelt sich darum, ob der Reichstag
vor dem hohen Militär kapitulieren oder nach eigener Prüfung entscheiden.
soll. Der Reichstag muß die Regierung durch Verweigerung der Mittel
zur Beendigung des Krieges zwingen. Abg. v. Richthofen (kons.): Seine
Partei freue sich über die Ausschließung jeder parlamentarischen Neben-
regierung. Der Aufstand müsse unbedingt unterdrückt werden; eine Ver-
minderung der Truppen sei wünschenswert, aber der Antrag Ablaß sei zu
unklar. Kolonialdirektor Dernburg: Die verbündeten Regierungen sind
gern bereit, falls die Regierungsvorlage, auf die sie in erster Linie halten,
nicht zustande kommt, ein gewisses Entgegenkommen zu beweisen. Wenn
wir ohnehin 4000 Mann zurückbefördern wollen und zum größten Teil
schon zurückbefördert haben, so hat es keinen Zweck, dies in das Gesetz
hineinzuschreiben. Immerhin stehen aber die verbündeten Regierungen dem
Antrag Ablaß und Genossen insofern freundlich gegenüber, daß sie im Falle
der Ablehnung der Regierungsvorlage entsprechend den vom Abg. Freiherrn