Die österreichischungerische Moenarcie. (Februar 23.) 243
der bisherigen Ziffer erhöht). — Von den Mandaten entfallen auf Böhmen
118, auf Dalmatien 11, auf Galizien 88, auf Niederösterreich mit Wien 55,
auf Oberösterreich 20, Salzburg 6, Steiermark 28, Kärnten 10, Krain 11,
Bukowina 11, Mähren 44, Schlesien 13, Tirol 21, Vorarlberg 4, Istrien 5,
Triest 5, Gradiska 5. — Das aktive Wahlrecht steht jedem Staatsbürger
zu, der 24 Jahre alt ist und seit mindestens einem Jahre in einer öster-
reichischen Gemeinde seinen Wohnsitz hat, das passive Wahlrecht jedem, der
seit mindestens drei Jahren österreichischer Staatsbürger ist und das 30. Jahr
zurückgelegt hat. — Das voraussichtliche nationale Ergebnis der Reform
stellt sich folgendermaßen dar: Deutsche künftig 205, jetzt gleichfalls 205,
Böhmen (Tschechen) künftig 99, jetzt 87, Polen künftig 64, jetzt 72, Ru-
thenen künftig 31, jetzt 10, Slowenen künftig 23, jetzt 15, Serbo-Kroaten
künftig 13, jetzt 12, Italiener künftig 16, jetzt 19, Rumänen künftig 4,
jetzt 5. — Die neue Reichsratswahlordnung soll mit der Auflösung des
jetzt bestehenden Abgeordnetenhauses in Wirksamkeit treten. Die Wahl-
berechtigten eines jeden Wahlbezirks bilden einen Wahlkörper, der je einen
Abgeordneten zu wählen hat. Nur in den ländlichen Wahlbezirken Ga-
liziens sollen je zwei Abgeordnete gewählt werden, daß jeder Wähler nur
für einen Abgeordneten seine Stimme abgeben kann. Mähren ist nach
dem Vorbilde der Landtagswahlordnung in Wahlbezirke mit national ge-
trennten Wahlkörpern eingeteilt. Die Einführung analoger Einrichtungen
in anderen Ländern wird von der Einführung des nationalen Katasters
abhängig gemacht werden. Es wird versucht, die Wahlbezirke möglichst
national-einheitlich zu gestalten. Außerdem wird die Schaffung von städti-
schen und ländlichen Bezirken versucht. Jeder Wähler kann nur eine
Stimme abgeben. Die Wahlpflicht ist in dem Entwurfe nicht festgestellt;
das Wahlrecht ist in derjenigen Gemeinde auszuüben, in der der Wahl-
berechtigte am Tage der Ausschreibung der Wahl seit wenigstens einem
Jahre wohnt. — Der Gesetzentwurf betreffend die Aenderung der Geschäfts-
ordnung des Abgedebness here bestimmt u. a., daß Abgeordnete, welche
grobe Ruhestörungen im Hause verüben oder das Haus oder den Präsi-
denten schwer beleidigen, auf längstens eine Woche aus dem Hause aus-
geschlossen werden können. Außenstehende Personen können, falls sie von
einem Abgeordneten unter dem Schutze der Redefreiheit einer strafbaren
Handlung beschuldigt oder durch ehrenrührige Behauptungen über ihr
Privat= und Familienleben gekränkt werden, beim Präsidenten schriftlich
Beschwerde führen.
23. Februar. (Cisleithanien.) Ministerpräsident Freiherr
v. Gautsch begründet im Abgeordnetenhause die Vorlage über die
Parlamentsreform:
Durch die Vorlage dieser Gesetzentwürfe löse die Regierung ihr am
28. November 1905 gegebenes Versprechen ein. Die Ankündigung der
Gesetzentwürfe betreffend den Schutz der Wahlfreiheit sowie die Reform
der Geschäftsordnung werde mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Die Re-
gierung ließ nichts unversucht, um nationale Wahlrechtsverluste möglichst
zu verhüten; nur dort, wo eine große Bevölkerung und die Höhe der
Steuerleistungen sowie der Bildungsgrad dafür sprechen, würde eine Ver-
mehrung vorgenommen. Selbst wenn aber eine Partei geringfügige Ver-
luste erlitte, würden diese reichlich aufgewogen dadurch, daß die Parteien
zukünftig nicht durch Rechtsschranken von der großen Masse getrennt wür-
den, daß ihre Mandate gewissermaßen vom ganzen Volke erteilt sein würden.
(Stürmische Unterbrechungen und Beifall. Händeklatschen.) Auf die wich-
tige Frage der Wechselbeziehungen zwischen der Wahlreform und der
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