Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 6.) 23
Artillerie- und Traindepots andrerseits zu erfüllen haben, einen Kosten-
aufwand von jährlich 9 Millionen, also ein Neuntel unseres ganzen Etats,
beanspruchen. Die Anträge auf Beschaffung unseres ganzen Armeemate-
rials, einschließlich Waffen und Munition, erfolgen durch die Inspektion
der technischen Institute. Auf der anderen Seite steht die Direktion der
Artillerie- und Traindepots, die ein außerordentlich wertvolles Material
zu verwalten hat. Die beiden Stellen standen bisher unmittelbar unter
dem Kriegsministerium, obwohl ihr Wirkungskreis sich in einer Menge
von Punkten berührte und sogar ineinander griff. Die Spitze war also
im Kriegsministerium zu suchen, und verantwortlich für den ganzen Be-
trieb war der Kriegsminister. Es ist nun unmittelbar einzusehen, daß der
Minister in diesen wichtigen Detailfragen eine derartige Kenntnis unmög-
lich entwickeln kann, wie sie erforderlich ist, um einen derartig großen
Betrieb zu übersehen und zu leiten, und daß er auf einen Abteilungschef
angewiesen ist, der schon infolge seiner Stellung als Stabsoffizier im all-
gemeinen mit seinen Urteilen anders dasteht, wie ein direkt vorgesetzter
General, wie ihn die jetzige Vorlage beabsichtigt. Ich halte also die
Schaffung einer Feldzeugmeisterei für ein absolutes Bedürfnis deshalb,
weil eine außerordentliche Summe des Etats dafür in Betracht kommt.
.. Wir werden immer jemand für diesen Posten finden, und zugeschnitten
auf eine bestimmte Persönlichkeit ist der Antrag durchaus nicht. Ich habe
bereits im Ausschuß der Abgeordnetenkammer wie im Plenum klipp und
klar erklärt, daß ich Sinekurenrechte nicht schaffe. Was die weitere an-
geregte Frage betrifft, daß die bayerische Selbständigkeit durch die Inspek-
tion von Reichs wegen leiden könnte, und weiter die Ansicht, die Inspektion
der Artillerie und des Trains solle wieder eingerichtet werden, wie wir
sie früher hatten, so habe ich zu bemerken, daß der Grund zu einer solchen
Ansicht wohl in einer auch nicht anders zu erwartenden mangelhaften
Kenntnis unserer organisatorischen Einrichtungen liegt. In Preußen be-
steht eine Feldzeugmeisterei seit sieben Jahren. Der Wirkungzkreis be-
schränkt sich lediglich auf Besichtigung im Schießen, während bei uns die
Inspektion die ganze Truppenausbildung und das Schieß- und Bewaffnungs-
wesen unter sich hat. Der preußische Inspektor reist das ganze Jahr herum
und besichtigt nur die Schießübungen. Wir könnten doch nicht mit gutem
Gewissen für 12 Feldartillerie-Regimenter eine solche Stelle schaffen, welche
im übrigen Reichsheere für 83 Regimenter bestellt ist. Wir müßten zu
einem Institut zurückkehren, das wir im Jahre 1900 ausfgegeben haben,
weil es unzweckmäßig erschien.
6. Februar. (Baden.) Debatte in der Zweiten Kammer
über die Beteiligung der katholischen Geistlichen an der Wahl-
agitation. (Vgl. S. 31.)
Abg. Fehrenbach (3.) fragt den Minister des Innern, woher er
die Legitimation nehme zu den Erhebungen über das Verhalten der Geist-
lichen bei den Wahlen. Dazu seien doch wohl die Staatsanwälte vor-
handen. Jetzt scheine die Zeit gekommen zu sein, wo ein Eintreten der
Geistlichkeit für die politische Institution der Monarchie bestraft werde.
Staatsminister v. Dusch: Die Regierung sei nach wie vor ausgleichend
und versöhnend zu wirken bemüht. Was das Bündnis mit der Sozial-
demokratie betreffe, so habe die Regierung diesem vollkommen fern ge-
standen, wobei er über die Frage von dessen Notwendigkeit und Berech-
tigung sich nicht äußern wolle. Jedenfalls habe aber das Zentrum keinen
Grund, einen Stein auf dieses Bündnis zu werfen, denn in Bayern sei
doch seitens des Zentrums so ziemlich dasselbe geschehen. Was den Wald-