Frankreich. (März 10.—14.) 311
Interesse mehr habe und verläßt unter allgemeiner Erregung den Saal,
um Fallieères die Demission zu überreichen.
10. März. (Courrieres.) Großes Grubenunglück.
Während 1800 Bergleute unter der Erde arbeiten, bricht ein Brand
aus, etwa 1100 Bergleute kommen um. Die Größe des Unglücks wird
auf schlechte Sicherheitseinrichtungen und ungenügende Rettungsapparate
zurückgeführt. Am 12. März kommt eine Abordnung westfälischer Berg-
leute mit besseren Apparaten zu Hilfe. Während der folgenden Tage
werden Verschüttete noch lebend emporgebracht, so durch die deutsche Ab-
teilung am 30. März 14, der letzte am 4. April. — Gegen die Gruben-
gesellschaft und ihre Ingenieure werden scharfe Angriffe gerichtet.
12. März. Das „Journal Officiel“ veröffentlicht die Aus-
führungsbestimmungen zum Trennungsgesetz. Sie gelten den Radi-
kalen im allgemeinen als zu milde.
13. März. Folgendes Ministerium wird gebildet: Sarrien:
Präsidium und Justiz, Clemenceau: Inneres, Bourgeois: Außeres,
Etienne: Krieg, Thomson: Marine, Briand: Kultus und Unter-
richt, Doumergue: Handel, Barthou: öffentliche Arbeiten, Ruau:
Ackerbau, Poincaré: Finanzen, Leygues: Kolonien.
13. März. Der „Temps“ teilt mit, daß Rouvier folgende
Instruktion an Revoil gesandt habe:
Erstens sich zu allen Transaktionen herbeizulassen, jedoch unter der
Voraussetzung, daß das besondere politische Interesse Frankreichs gewahrt
und seine vertragsmäßigen wirtschaftlichen Rechte nicht ohne gerechten Ersatz
aufgegeben würden; zweitens: In der Bankfrage eine Verringerung der
ursprünglichen Ansprüche Frankreichs zuzulassen, und zwar als äußerstes
Zeichen der französischen Versöhnlichkeit: einen Anteil für Frankreich und
drei Teile für die französischen Kreditinstitute anzunehmen, welch letztere
bereits für den Betrag von 65 Millionen die Gläubiger Marokkos sind
und ein vertragsmäßiges unbestrittenes Kontroll= und Vorzugsrecht be-
sitzen; drittens: In der Polizeifrage die Errichtung einer Inspektion an-
zunehmen und auch zuzugeben, daß die Inspektion so wirksam und stark
als möglich sei, aber nicht zuzulassen, daß die Inspektion in eine Staats-
verwaltung umgestaltet werde, und abzulehnen, daß die Inspektion den
direkten Befehl über einen Hafen erhalte.
14. März. (Kammer.) Ministerpräsident Sarrien legt das
Programm des Kabinetts vor. Vertrauensvotum.
Er führt aus, das Kabinett sei sich der unter den obwaltenden Ver-
hältnissen seiner harrenden Schwierigkeiten und Pflichten voll bewußt. Die
Minister hätten über ein gemeinsames Programm sich geeinigt, welches
allein diktiert sei durch die Sorgen für die großen Interessen der Nation
und durch den festen Wunsch, eine Einigung der Republikaner herbeizu-
führen und den auf die Erregung von Spaltungen gerichteten Versuchen
entgegenzutreten, um die Ruhe und den Frieden wiederherzustellen und
um eine legale Durchführung des allgemeinen Wahlrechtes, das in wenigen
Wochen aufs neue geübt werden solle, herbeizuführen. Die erste Aufgabe
des Parlaments sei die möglichst schnelle Erledigung des Budgets und die
Bewilligung der für den Gang der öffentlichen Dienste unentbehrlichen