Italien. (Dezember 4.) 343
4. Dezember. (Kammer.) Schatzminister Majorana gibt
ein Finanzexposé:
Danach weist das Rechnungsjahr 1905/06 statt des vorgesehenen
Ueberschusses von 10 Millionen einen solchen von 63 Millionen auf und
zwar, nachdem aus den effektiven Einnahmen noch für die Eisenbahnen
Ausgaben im Betrage von über 14 Millionen geleistet, für Amortisierung
der Schuld 8 Millionen und für Beseitigung der durch die Erdbeben in
Calabrien und den Ausbruch des Vesuvs angerichteten Schäden 36 Mil-
lionen aufgewendet worden waren. Die Erhöhung des Ueberschusses um
53 Millionen sei außer den durch die Verwaltung erzielten Ersparnissen
im Betrage von 15 Millionen der überaus günstigen Entwicklung der Ein-
nahmen zu danken. Für das Rechnungsjahr 1906/07, das das erste sei,
dem die Vorteile der Rentenkonversion zugute kommen, dürfe auf einen
Ueberschuß von 30 Millionen gerechnet werden. In den Voranschlägen
für das Rechnungsjahr 1907/08 ist auf die Erhöhung der Ausgaben, die
sich aus den von der Regierung vorgeschlagenen Maßregeln ergeben werden,
Rücksicht genommen worden. Die Voranschläge für 1907/08 schließen mit
einem Ueberschuß von 17 Millionen Lire ab. Da die Voranschläge aber
mit der größten Vorsicht aufgestellt worden sind, darf schon jetzt die Ansicht
ausgesprochen werden, daß der Ueberschuß des Rechnungsjahres 1907/08
sicherlich nicht unter 20 Millionen Lire betragen wird. Eine so günstige
Lage gibt der Regierung Anlaß, ihre Sorgfalt vor allem den öffentlichen
Diensten zuzuwenden. Zu diesem Zwecke sind in dem Budget für 1907/08
besonders die Summen für die Universitäten, für italienische Schulen im
Auslande, für Ackerbau, für den Post-, Telegraphen- und Telephondienst
u. s. w. erhöht worden. Maßregeln wirtschaftlichen und sozialen Charakters
werden durch Gesetzentwürfe vorgeschlagen werden. Für die öffentlichen
Dienste sind außer den Aufwendungen aus den ordentlichen Einnahmen
auch solche aus außerordentlichen Einnahmen nötig. Da die Regierung
von der Aufnahme irgend einer Anleihe nichts wissen will, beabsichtigt sie,
diese Aufwendungen bis zum Betrage von 60 Millionen aus dem zu Ende
des Rechnungsjahres 1905/06 festgestellten Ueberschusse zu decken. Es
braucht nicht befürchtet zu werden, daß durch die Entnahme von 60 Mil-
lionen Lire aus der Schatzkasse diese Kasse in eine schwierige Lage gebracht
wird. Für die Eisenbahnen wird die Regierung auf den Kredit zurück-
greifen, aber nur für außerordentliche Bedürfnisse. Der Amortisationsdienst
soll wie eine Verwaltungsausgabe der Eisenbahnen behandelt werden.
Ein Gesetzentwurf wird zu diesem Zwecke die Ermächtigung zur Veraus-
gabung von 610 Millionen Lire verlangen, die zusammen mit den 300
Millionen, deren Verausgabung bereits genehmigt ist, eine Summe von
910 Millionen Lire ergibt, die bis 1910/11 für die Verbesserung des
Eisenbahndienstes zu verwenden sind. In dem Gesetzentwurf wird vor-
geschlagen, diese Summe durch die Ausgabe von Zertifikaten zu beschaffen,
die mit 3,5 Prozent anstatt 3,65 Prozent verzinslich, auf den Namen
lautend und in 40 Jahren rückzahlbar sein sollen. Die Kreditverhältnisse
Italiens seien, wie es das glückliche Ergebnis der großen Konversions=
operation erweise, ausgezeichnet. Die Hinterlegungskasse würde zum Be-
weis der guten Kreditverhältnisse im nächsten Jahre die Zinsen für die
Anleihen, welche an Gemeinden und Provinzen gewährt worden seien, von
4,25 Prozent auf 4 Prozent herabsetzen, was für viele Gemeinden, die sich
in schwieriger Lage befinden, eine Erleichterung bedeuten werde. Die Re-
gierung beabsichtige, auch noch andere Maßnahmen zum Besten der Ge-
meinden und Provinzen zu treffen. Einen Hauptprogrammpunkt der Re-
gierung bilde die Herabsetzung der drückendsten Steuern.