Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Nord-Amerika. (April 16.—Mai 4.) 413 
Ich glaube, daß das Ergebnis der Konferenz (von Algeciras) die 
Beziehungen zwischen den beiden mächtigen Staaten Frankreich und Deutsch- 
land freundlicher gestalten wird. Es ist meine Hoffnung und mein Wunsch, 
wie es die Hoffnung und der Wunsch eines jeden sein muß, der es gut 
mit der Menschheit meint, daß diese freundlichen Beziehungen nicht allein 
ungebrochen fortdauern, sondern stets an Stärke zunehmen möchten. Was 
die Konferenz in Algeciras angeht, so haben die Amerikaner als Nation 
daran nur wenig Interesse, außer, daß es immer ihre Sorge ist, überall 
Gerechtigkeit walten zu sehen, und daß sie für die Sache des internationalen 
Friedens und der internationalen Freundschaft wirken soll.. Keine 
Rasse habe den Amerikanern bessere Eigenschaften gegeben als die Männer 
deutschen Stammes und Blutes. — Er widmet besonders warme Worte 
dem Botschafter Frhrn. v. Sternburg, der sich durch seine herzliche Freund- 
schaft für Amerika die Zuneigung der Amerikaner erworben habe. Die 
Bande, die Deutschland und die Vereinigten Staaten vereinen, sind viele 
und enge, und es muß eines der größten Ziele unserer Politik sein, die 
beiden Nationen immer enger aneinander zu knüpfen. In keinem Lande 
besteht eine wärmere Bewunderung für Deutschland und Deutschlands er- 
habenen Herrscher Kaiser Wilhelm als hier in Amerika. 
16. April. (Washington.) Bei der Legung des Grundsteins 
zum neuen Kongreßgebäude polemisiert Präsident Roosevelt gegen 
die Ansammlung von Riesenvermögen und empfiehlt eine progres- 
sive Erbschaftssteuer. 
18. April. Der größte Teil von San Francisco wird 
durch Erdbeben und Feuer zerstört. Mehrere tausend Menschen 
kommen um. 
April. Das Ausland und San Francisco. 
Die Sammlungen des Auslandes lehnt Präsident Roosevelt ab. 
So läßt er dem Generaldirektor der Hamburger amerikanischen Paketfahrt 
mitteilen: Der Herr Präsident, der sich von Ihrer Mitteilung sehr ergriffen 
fühlt und Ihnen für das gütige Anerbieten des materiellen Beistandes 
herzlichst dankt, hat mich beauftragt, Ihnen mitzuteilen, daß die Hilfe des 
Auslandes nicht in Anspruch genommen zu werden braucht. Wenngleich 
der Herr Präsident somit auf den angebotenen Beistand verzichten darf, 
wünscht er doch besonders hervorzuheben, wie hoch er Ihre warme, hoch- 
herzige Teilnahme Ihnen anrechnet. Robert Bacon, Unterstaatssekretär. — 
Da diese Haltung viel kritisiert wird, richtet Roosevelt Anfang Mai eine 
Botschaft an den Kongreß, worin er sagt, er habe nur die direkten An- 
gebote an ihn zurückgewiesen, doch damit nicht gemeint, daß alle Gaben, 
welche durch Privatpersonen den Gesandten oder Botschaftern angeboten 
würden, zurückgewiesen werden sollen. Wenn das deutsche Volk oder eine 
andere Nation durch Gesandte oder Privatleute Beiträge sende, so habe 
er nichts dagegen. 
4. Mai. Botschaft des Präsidenten an den Kongreß gegen 
die Trusts. 
Die Botschaft kritisiert die Geschäfte der Standard Oil Company, 
die sich auf Kosten der Eisenbahnen und des Publikums ungeheuer be- 
reichere. Das Justizdepartement werde sich mit der Frage beschäftigen, ob 
eine Verfolgung, wenigstens in gewissen Fällen, einzuleiten sei. Andere
	        
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