Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Das Veuische Reich und seine einjelnen Slieder. (Februar 25.27.) 45 
polnischen Sprache aus dem Religionsunterricht in Oberschlesien, verlangt 
aber, daß die Polen gute preußische Patrioten sein sollen. Kultusminister 
Studt lehnt jede Nachgiebigkeit in der Sprachen= und Schulfrage ab. — 
Lebhaft wird über die Nichtbestätigung eines Pfarrers Römer in Godes- 
berg diskutiert, wobei unter Bezug auf den Fall Fischer (1905 S. 99) dem 
Konsistorium der Vorwurf ungeschickter Leitung gemacht wird. — Ueber 
viele Lücken unter den Elementarlehrern wird geklagt, Kultusminister 
Studt hofft, daß die Verhältnisse von 1908 ab sich bessern werden; seit 
1901 sei die Zahl der Lehrer von 89.000 auf über 100 000 gestiegen. — 
Ein Antrag Zedlitz (ir.. die Zulage der Volksschullehrer pensionsfähig 
zu machen, wird abgelehnt. — Lebhaft beklagt wird, daß die Lehrer vom 
Lande in die Städte und vom Osten nach dem Westen strebten. Die Re- 
gierung erwartet Abhilfe von der Verabschiedung des Schulunterhaltungs- 
gesetzes. — Die Frage, ob das Griechische in den Gymnasien weiter be- 
schränkt werden soll, wird im allgemeinen verneint. Zentrumsabgeordnete 
führen Klage über den Geschichtsunterricht an den höheren Schulen. — 
Ferner wird debattiert über die Nichtbestätigung eines Predigers wegen 
seiner Zugehörigkeit zur liberalen Richtung und über das Avancement der 
evangelisch-theologischen Privatdozenten an den verschiedenen Universitäten 
gLol. hristiiche Welt“ März, April und „Deutsche Literaturzeitung"“ 
pril). 
25./27. Februar. (Berlin.) Feier der silbernen Hochzeit des 
Kaiserpaars. 
Am 25. beginnt die Feier mit dem Empfang mehrerer Deputationen. 
Reichskanzler Fürst Bülow begrüßt den Kaiser im Namen des 
preußischen Staatsministeriums, worauf der Kaiser erwidert: Ich sage 
Meinen herzlichsten Dank für die Worte, die Ew. Durchlaucht soeben im 
Namen des Staatsministeriums an Uns gerichtet haben. Das Staats- 
ministerium hat im Laufe seiner Arbeiten wiederholt die Freude gehabt, 
Einwirkungen der Kaiserin und Königin nachgeben und sie ausführen zu 
können, und so hoffe Ich, daß die Herren auch in fernerer Zukunft ihre 
Arbeiten mit Mir gemeinsam ausführen und stets im Auge behalten werden 
und nicht vergessen, daß die erste Frau Deutschlands, die Königin von 
Preußen, wie alle deutschen Frauen mäßigend und leitend auch auf Ihre 
Gedanken einwirken soll. So hoffe Ich, daß Gott auch in den nächsten 
Jahren Unsere Arbeit segnen möge. 
Auf die Glückwünsche des bayerischen Gesandten Graf Lerchenfeld 
im Namen des Bundesrats antwortet der Kaiser: Ich spreche dem Bundes- 
rat von ganzem Herzen Meinen wärmsten Dank aus für die Wünsche, die 
Ew. Exzellenz soeben ausgesprochen haben, und bitte Sie, der Dolmetsch 
Unseres Dankes zu sein bei Ihren Herren für das Interesse, das Sie an 
dem Feste in Unserm Hause genommen haben. Es ist Mir eine Freude, 
vernommen zu haben, daß der Bundesrat in der Lage gewesen ist, sich zu 
überzeugen, mit welchem Fleiß und welcher Hingebung die Arbeiten und 
Pflichten von Ihrer Majestät aufgefaßt werden. Sie können versichert sein, 
daß Wir Unsere Arbeit auch fernerhin mit unermüdlichem Pflichteifer tun 
werden und vor allem in inniger Vereinbarung mit Unseren hohen Ver- 
bündeten wirken werden. 
Auf die Ansprache des Prinzen Albrecht im Namen der Armee 
erwidert der Kaiser: Ich spreche Meinen herzlichen Dank aus für die 
schönen Worte, die Ew. Königliche Hoheit an Uns gerichtet haben. Ich 
bin von Herzen beglückt und dankbar, daß des Reiches wehrhafte Söhne, 
dargestellt in den obersten Spitzen der Armee, Uns heute hier gratulieren 
  
 
	        
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