86 Das Denische Reihh und seine einjelnen Glieder. (April 1. —83.)
Sprache und Ausdrücke sich bedient, nicht dementiert würde. Wir sind er-
mächtigt, folgendes Telegramm zu veröffentlichen: An das Auswärtige Amt
in Berlin. Paris, 30. März 1906. Von dem russischen Botschafter wird
mir erklärt, daß er Herrn Tardien (Georges Villiers) über seine Polemik
abermals ernste Vorhaltungen gemacht und dabei ihm gegenüber die Richtig-
keit der von ihm zu mir gebrauchten Ausdrücke „Taktlosigkeit“ und „Ent-
stellung der Wahrheit“ aufrecht erhalten habe. Fürst Radolin.
1. April. (Wernigerode.) Der Kaiser besucht das Kloster
Drübeck und überreicht der Abtissin mit einer Ansprache den
Hirtenstab.
2. April. (Krefeld.) Der Kaiser läßt sich die von Cour-
rieres zurückgekehrte Rettungsmannschaft vorstellen und hält an sie
folgende Ansprache:
Ich habe euch hierher kommen lassen, um euch im Namen des ge-
samten Vaterlandes Meinen herzlichsten Dank, Meine Bewunderung und
Meine Anerkennung auszusprechen für die Tat, die ihr ausgeführt habt.
Ihr habt bewiesen, daß es über die Grenzpfähle hinaus etwas gibt, das
die Völker verbindet, welcherlei Rasse sie auch seien: das ist die Nächsten-
liebe! Ihr seid diesem Gebote der Lehren unseres Heilandes gefolgt. Daß
sich das bei deutschen Bergleuten von selbst versteht, brauche ich nicht zu
sagen; trotzdem hat es uns alle herzlichst gefreut. Darum danken wir euch
für eure Aufopferung und vor allem für die Todesverachtung, mit der ihr
für fremde Länder unter die Erde gestiegen seid. Daß es euch nicht be-
schieden war, noch Lebende zu retten, mag euch nicht betrüben. Die Ap-
parate, die ihr zurückgelassen habt, haben dazu beigetragen, daß noch Lebende
an die Oberfläche gebracht werden konnten. Als Anerkennung für eure
wackere Tat, habe Ich beschlossen, euch am heutigen Tage Auszeichnungen
zu verleihen, die Ich euch hiermit überreiche."“
2. April. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Zweite Be-
ratung der Wahlreformgesetze. Annahme. Resolutionen.
Eine Resolution Bachmann (ul.) verlangt unter Festhaltung an den
Grundsätzen des Gesetzes vom 27. Juni 1860 eine anderweite Feststellung
der Wahlbezirke und der Zahl der Abgeordneten sowie unter Beibehaltung
eines erhöhten Wahlrechts bei höherer Steuerleistung a) Berücksichtigung
der Bildung und des Alters, b) Erweiterung des Wahlrechts für die der
dritten Abteilung angehörenden Wähler, c) Beseitigung der indirekten
Wahl und d) den Minderheiten eine Vertretung zu ermöglichen. Die Ab-
geordneten Fischbeck (freis. Vp.) und Brömel (freis. Vg.) beantragen Ein-
führung des allgemeinen gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts und
Neueinteilung der Wahlbezirke sowie Neufestsetzung der Zahl der Abgeord-
neten auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1905. Für den Fall
der Ablehnung dieser Anträge beantragen sie nur, auf Grund der Volks-
zählung vom 1. Dezember 1905 eine anderweitige Feststellung der Wahl-
bezirke und der Gesamtzahl der Abgeordneten und der Wahlorte vorzu-
nehmen sowie für die Wahl der Wahlmänner die geheime Abstimmung
einzuführen.
Die Wahlreformvorlagen werden gegen die Stimmen der Frei-
sinnigen und einzelne Paragraphen gegen die der Nationalliberalen an-
genommen. Die Resolutionen werden abgelehnt.
3. April. Das Preußische Abgeordnetenhaus verweist