88 Das Denische Reihh uud seine einzelnen Slieder. (April 5.)
schule am Meruberge 11200 Mark. Abg. Arendt (RP.): Das Prinzip
der Konfessionalität, das das Zentrum vertrete, sei in den Kolonien nicht
anwendbar, dann müsse man auch mohammedanische Schulen errichten. Es
handelt sich nicht um Schulen für weiße Kinder, sondern nur für schwarze
Kinder. Deutsche Kinder sind dort auch so wenig vorhanden, daß für sie
überhaupt nicht eine Schule zu errichten ist. Sind deutsche Kinder erst in
größerer Zahl vorhanden, so werden sicherlich die Missionen für Unterricht
sorgen. Für die schwarzen Kinder können wir eine christlich-konfessionelle
Schule deshalb nicht durchführen, weil wir die schwarzen Kinder dann nicht
in den Schulunterricht bekommen, sondern sie in die Koranschulen, aus
denen wir sie herausbringen wollen, treiben. Die Regierungsschulen sind
bestimmt, daß die mohammedanischen Kinder dem Deutschtum näher ge-
führt werden. So sehr ich für Errichtung von Missionsschulen für den
christlichen Unterricht bin, eventuell mit Reichszuschuß, so bitte ich, davon
die Regierungsschulen völlig zu trennen, die nicht entbehrt werden können
ohne eine eruste Gefährdung unserer Kulturzwecke. Die Burenkinder werden
ihre religiöse Unterweisung durch ihre reformierte holländische Kirche er-
halten. Wenn Sie eine religiöse Grundlage für diese Schulen durchsetzen,
so werden die Burenkinder nicht in diese Schulen gehen. Wir können nur
dem praktischen Bedürfnis in Afrika Rechnung tragen, und das tun die
Regierungsschulen. Davon werden sich auch die Mitglieder des Zentrums
überzeugen, wenn sie demnächst die Reise nach Ostafrika mitmachen. Ich
bitte, die Regierungsvorlage anzunehmen und den Antrag Schwerin-Bachem
abzulehnen. — Abg. Ledebour (Soz.): Die Regierung habe den einzig
praktischen Weg vorgeschlagen. — Der Antrag wird gegen die Stimmen
des Zentrums und der Konservativen abgelehnt und die Regierungsforde-
rung bewilligt.
5. April. (Bayern.) Der Prinzregent vollzieht das Wahl-
reformgesetz.
5. April. (Reichstag.) Etat des Auswärtigen. Marokko-
rede Bülows. Verhältnis zu dem Auslande. Erkrankung Bülows.
Reichskanzler Fürst Bülow: Meine Herren! Ich möchte die erste
Gelegenheit ergreifen, die sich hier bietet, um mich nach dem materiellen
Abschluß der Konferenz von Algeciras vor diesem hohen Hause über unsere
Marokkopolitik auszusprechen. Sie werden es auf der anderen Seite ver-
stehen, wenn ich heute meine Worte sehr sorgsam abwäge, nicht nur, weil
der formale Abschluß der Konferenz noch nicht erfolgt ist und noch in
keinem anderen Parlament das Ergebnis der Konferenz über die Marokko-
frage besprochen worden ist, sondern auch weil ich die erreichte, die müh-
sam erreichte Verständigung nicht beeinträchtigen oder trüben möchte. Will
man unsere Marokkopolitik richtig verstehen, so muß man zu ihrem Aus-
gangspunkt zurückkehren, will man die Ergebnisse richtig würdigen, den
Anfang mit dem Ende vergleichen. Eine Zeit der Beunruhigung liegt
hinter uns, es gab Wochen, wo der Gedanke an kriegerische Verwicke-
lungen sich der Gemüter bemächtigte. Wie kam das? Waren Lebens-
interessen des deutschen Volkes bedroht, so daß die Leitung unserer aus-
wärtigen Politik daran denken konnte, die Machtfrage aufzuwerfen? Wollten
wir um Marokko Krieg führen? Nein, meine Herren, um Marokko nicht!
Wir haben in Marokko keine direkten politischen Interessen, wir haben dort
auch keine politischen Aspirationen. Wir haben weder wie Spanien eine
Jahrhunderte alte maurische Vergangenheit noch wie Frankreich eine Hun-
derte von Kilometern lange Landesgrenze in Marokko, wir haben keine