Bie Serreichis gungarische Mosar#ie. (Oktober 22. 24.) 219
beeinträchtigen kann ... Bei der Bankfrage sei die Befreiung der ungarischen
Wertpapiere von der österreichischen Rentensteuer hervorzuheben. Bezüglich
der Rückzahlung des ungarischen Anteils an der gemeinsamen Staatsschuld
des sogenannten ungarischen Blocks werde nach der jetzigen Vereinbarung
an Kapital um 49,9 Millionen weniger zurückgezahlt, als von seiten
Oesterreichs ursprünglich gefordert worden sei, falls die Rückzahlung inner-
halb eines Zeitraumes von zehn Jahren geschieht. Sollte infolge einer
Aenderung in der Lage des Geldmarktes eine Konversion möglich sein, so
würde die Verminderung der Zinsenlast auf jährlich 2½ Millionen ver-
anschlagt werden können. Die infolge dieser Operation auszugebenden
ungarischen Staatsrenten seien bezüglich der Steuer und Gebühren den
österreichischen Renten gleichgestellt und können als mündelsichere Anlagen
Verwendung finden. — Der Ministerpräsident kündigt alsdann eine Erhöhung
der Quote an und schließt seine Rede mit den Worten, daß dieser Ausgleich
nicht einen Sieg für Oesterreich oder Ungarn bedeute, sondern den wirtschaft-
lichen Verhältnissen beider Staaten gerecht werde. Die Regierung sehe mit ruhi-
gem Gewissen dem Urteile des Abgeordnetenhauses und der Nation entgegen.
22. Oktober. (Ungarn.) Dem Reichstag gehen Vorlagen
über die Reform der direkten Steuern und der Grundsteuern zu.
Die Einkommensteuer erster, zweiter und vierter Klasse, die von
Dienstboten, Gehilfen, Tagelöhnern und Beamten erhoben wird, soll be-
seitigt werden. An ihre Stelle treten eine allgemeine Erwerbssteuer einer-
seits und eine progressive Einkommensteuer andererseits. Die Er-
werbssteuer, sowie die Zinsen- und Rentensteuer wird von 10 Prozent
auf 5 Prozent ermäßigt. Die Grundsteuer wird unter Beibehaltung des
jetzigen Katastersystems von 25,5 Prozent nominell auf 20 Prozent nomi-
nell, die Hauszinssteuer in Städten unter 15,000 Einwohnern von 15 Pro-
zent auf 11 Prozent und unter 1000 Einwohnern auf 9 Prozent herab-
gesetzt. Die Einkommensteuer steigt von 0,7 bis 5 Prozent mit der Maß-
gabe, daß ein Einkommen bis 600 Kronen als Existenzminimum steuerfrei
bleibt. Die Aktiengesellschaften werden mit 10 Prozent, die Kohlenwerke
mit 7 Prozent und andere Bergwerke mit 5 Prozent Erwerbssteuer be-
legt. — Der Staat erleidet einen Ausfall von 20 Millionen Kronen.
24. Oktober. (Cisleithanien.) Ministerwechsel.
Die tschechischen Minister Forscht und Pacak treten zurück, weil sie
von den uneinigen tschechischen Parteien nicht genügend unterstützt werden.
Auch Fürst Auersperg (Ackerbauh und Prade (Handel) treten zurück. —
Nach einigen Verhandlungen treten neu ein der christlich-soziale Abg.
Ebenhoch (Ackerbau), der christlich-soziale Abg. Geßmann (offentliche Ar-
beiten), der tschechische Abg. Fiedler (Handel), Abg. Dr. Peschka (böhmischer
Agrarier) als deutscher, Abg. Dr. Praschek (tschechischer Agrarier) als tschechi-
scher Landsmannminister (9. November).
Die christlich-soziale „Reichs-Post“ schreibt hierzu: Die Umgestaltung
unseres Parlaments durch das gleiche Wahlrecht hat nun auch der Phy-
siognomie der Regierung ihr Zeichen aufgedrückt. Das Kabinett Beck, das
man vor den Maiwahlen füglich ein parlamentarisches nennen durfte, das
aber nach den Wahlen nur mehr eine verhältnismäßig schwache Minder-
heit des Parlaments repräsentierte, im übrigen ein reines Beamtenkabinett
war, hat den Kräfteverhältnissen des neuen Volkshauses Rechnung ge-
tragen und sich umgestaltet. Dem Volksparlament ein Volksministerium.
Das Ideal des Parlamentarismus ist zwar noch nicht erreicht, wir sind
ihm aber näher gekommen. Neben den „Beamtenministern“ Baron Beck,