Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

Belgien. (Dezember 31.) — Kiederlande. (Februar 4.—9.) 299 
Einfuhr entfallen. Was das Budget betrifft, so bezeichnet der Bericht es 
als gewiß, daß die Rechnung für das Jahr 1907 ohne Fehlbetrag ab- 
schließen wird. Die sogenannte Krondomäne ist wie alle übrigen Gebiete 
der Souveränität des unabhängigen Staates und seinem Gesetze ausnahms- 
los unterworfen. Nach der Angliederung des Kongostaates an Belgien 
würde also im Kongogebiet kein anderes Hoheitsrecht bestehen als das- 
jenige Belgiens. 
Die liberalen Parteien lehnen den Vertrag ab. Sie erklären 
(19. Dez.), daß Belgien kraft der Abmachung vom 3. Juli 1890 und des 
Gesetzes vom Jahre 1901 ein absolutes und bedingungsloses Recht auf 
den Kongostaat habe, daß die Kongovorlage die belgische Souveränität in 
der Kolonie aber verkenne und die liberalen Parteien der Kammer die 
von der Regierung anerkannten Rechte Belgiens auf den Kongostaat zu 
wahren wissen werden. Die jetzigen Bedingungen seien unannehmbar. — 
Ebenso lehnen die Sozialdemokraten und etwa ein Dutzend Klerikale unter 
Beernaerts Führung die Vorlage ab. — Die Presse erwartet einen Konflikt 
zwischen König und Parlament, weil der König weitere Konzessionen nicht 
machen wolle. 
31. Dezember. (Brüssel.) Der Ministerpräsident de Trooz f. 
XII. 
Niederlande. 
4. Februar. Verfassungsrevision. 
Die Staatskommission für die Revision der Verfassung schlägt in 
ihrem Berichte vor, daß Kinder des Herrschers, die nach seiner etwaigen 
Abdankung geboren werden, von der Thronfolge ausgeschlossen und daß 
die Generalstaaten ermächtigt werden, Vorsorge für die Thronfolge zu 
treffen und, wenn nötig, Abänderungen an der Thronfolge vorzunehmen. 
Ferner wird in dem Berichte die Aufnahme folgender Bestimmungen in 
die Verfassung vorgeschlagen: Erfordernis der Zustimmung der General- 
staaten zu allen Verträgen, Ermöglichung einer proportionellen Vertretung 
und der Wählbarkeit der Frauen, gleiche Bedingungen für die Wählbarkeit 
zur Ersten oder Zweiten Kammer, Amendementsrecht der Ersten Kammer, 
ausgenommen bezüglich des Budgets. 
9. Februgr. (Erste Kammer.) Ablehnung des Kriegs- 
budgets. 
Die Kammer verwirft nach dreitägiger Debatte mit 27 gegen 17 
Stimmen das Kriegsbudget, weil der Kriegsminister den verlängerten Dienst 
der Miliztruppen, der nach den ersten Uebungen stattzufinden hat, abgeschafft 
hat. — Die Maßnahme wurde heftig bekämpft von mehreren Rednern, die 
sie als unheilvoll für den militärischen Geist und den Wert der Armee, 
als gefährlich für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Lande 
und für den Schutz der Grenzen im Fall einer Mobilisierung bezeichneten. 
— Am 12. reicht deshalb das Kabinett seine Entlassung ein.
	        
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