96 Das Dentsche Reithh und seine einzelnen GSlieder. (März 15.)
Schiffahrtsabgaben für Rechnung der Zweckverbände mitzuwirken. 86. Die
Ufergemeinden können durch die Landeszentralbehörden zur Mitwirkung
bei der Abgabenerhebung gegen ein die Erhebungskosten deckendes Entgelt
verpflichtet werden. Die Abgaben sind nach den für staatliche Verwaltungs-
gebühren maßgebenden Bestimmungen beizutreiben Zur Entrichtung der
Abgaben sind der Schiffseigner, der Schiffer und nach in 8
Landungsanteils der Absender als Gesamtschuldner verpflichtet.
der Verwaltung der Zweckverbände ist den Schiffahrtsbeteiligten ernet *
wirkung einzuräumen. § 8. Jeder an einer gemeinsamen natürlichen Wasser-
straße oder an einem gemeinsamen Stromgebiete beteiligte Staat hat das
Recht, einem von andern Staaten für diese Wasserstraße oder dieses Strom-
gebiet gebildeten Zweckverbande beizutreten. Wird über die Bedingungen
des Beitritts keine Einigung erzielt, so entscheidet der Bundesrat. § 9. Tritt
ein nach § 8 zum Beitritt berechtigter Staat dem Zweckverbande nicht bei,
so kann er, sofern dies zur Verwirklichung der Zwecke des Verbandes er-
forderlich ist, von dem Bundesrate verpflichtet werden, dem Zweckverbande
beizutreten und Stromverbesserungen zu dulden oder nach seiner Wahl.
— Dem verpflichteten Staate dürfen hierdurch Ausgaben nicht
erwachsen.
Artikel III. Zur Deckung der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
auf natürliche Wasserstraßen verwendeten Kosten dürfen Schiffahrtsabgaben
nicht erhoben werden. Diese Vorschrift findet auf die Kosten von Strom-
verbesserungen, welche am 1. April 1905 noch nicht vollendet gewesen sind,
keine Anwendung.
Artikel IV. Die Vorschriften der Artikel II und III finden auf be-
stehende Schiffahrtsabgaben keine Anwendung.
Artikel V. Landesrechtliche Vorschriften, einschließlich der zwischen
Bundesstaaten bestehenden Vertragsrechte, welche der Erhebung von Schiff-
fahrtsabgaben entgegenstehen, treten außer Kraft.
Dem Entwurfe ist eine umfangreiche Begründung beigegeben.
15. März. (Reichsfinanzreform.) Versammlung in Char-
lottenburg. Professor Dr. Adolf Wagner und der Rektor der
Universität Berlin D. Dr. Kahl sprechen unter stürmischem Bei-
fall über die Reichsfinanzreform.
Zum Schluß wird einstimmig folgende Resolution angenommen:
„Die Beratungen über eine durchgreifende Reform unserer Reichsfinanzen
haben bis jetzt einen Verlauf genommen, der jeden politisch denkfähigen
Deutschen mit Scham erfüllt und das Reich vor dem Auslande kompro-
mittiert. 800 deutsche Männer, darunter in erster Linie Verteter aller
akademischen Berufe, die heute zu einem Vortrage Adolf Wagners auf
Einladung des Nationalliberalen Vereins Ost-Charlottenburg versammelt
sind, erheben deshalb laut ihre warnende Stimme. Sie geben der be-
stimmten Erwartung Ausdruck, daß der Reichstag sich endlich über die
Niederungen der Interessenten-Agitation erheben und sich wieder einmal
der großen parlamentarischen Traditionen aus dem ersten Jahrzehnt
unseres jungen Reiches würdig erweisen, daß aber anderseits auch die
Regierung ihre finanzpolitischen Vorlagen endlich mit fester Zügelführung
vertreten möge. Nur hinter einer in sich geschlossenen und nach außen
entschlossenen Regierung wird das Volk auch in der Steuerfrage stehen.“
In der Versammlung sind außer den Rednern u. a. die Professoren
Robert Koch, Heinrich Brunner, Wilhelm Waldeyer und zahlreiche Ver-
treter des Reichstags und des Abgeordnetenhaufes, u. a. die Abgeordneten