Ve Veische Reich und seine eimeluen Slieder. (März 17.) 99
des Chefs des Generalstabs, wenn Dr. Müller sagt, daß die bessern Ab-
teilungen im Generalstab mit Adeligen, die schlechtern, schwierigern mit
Unadeligen besetzt werden. Ich hoffe, daß Dr. Müller es zurücknimmt.
(Unruhe links, Zuruf: Kann er beweisenl!)
Die wichtigste Abteilung im Großen Generalstab ist die
sogenannte zweite Abteilung, in der der Aufmarsch des Heeres und
die ganze Mobilmachung bearbeitet wird. Es ist eine Ehre für jeden
Offizier, der dorthin kommt. Diese Abteilung ist jetzt dreimal hinter-
einander in den Händen bürgerlicher Generalstabsoffiziere. (Hört, hört!
Zuruf der Sozialdemokraten: Tüchtige Offiziere!) Natürlich, er war aber
nicht tüchtiger, weil er unadelig ist. Es ist eine merkwürdige Logik, die
Sie haben. (Sehr wahr! rechts.) Feldmarschall Moltke hat im Kriege
1870 drei Abteilungschefs gehabt, sie heißen Bronsart v. Schellendorf, der
erste nachherige Minister, Verdy und v. Brandenstein, leider zu früh ver-
storben. Heute bei der Mobilmachung würden in diesen Stellungen min-
destens zwei unadelige sein, auch wieder sehr tüchtige, aber wiederum nicht,
weil sie bürgerlich sind. Also ich bitte Dr. Müller-Meiningen noch einmal,
seine Nachrichten daraufhin zu revidieren. Wir haben eine geringe An-
zahl, vielleicht augenblicklich gar keine mehr unter den kommandierenden
Generalen, die unadelig sind. Warum? weil eine Anzahl von ihnen in
diesen hohen Stellungen geadelt sind, ebenso in den Divisionskommandos.
Die Offiziere sind in diese hohe Stellungen gekommen auf Grund ihrer
Tüchtigkeit als bürgerliche Offiziere.
Die Abgg. Dr. Müller und Haeusler haben nun die Stellung des
Militärkabinetts berührt. Es wird bei ihrer vorgefaßten Meinung wenig
Eindruck machen, aber was ich Ihnen sage, entspricht der Wirklichkeit.
Das Militärkabinett hat sich entwickelt mit der Armee unter der Leitung
und dem Oberkommando der Könige von Preußen. Wenn man die
Stellung des Kabinetts, seine Berechtigungen und seine Zuständigkeit ver-
stehen will, so muß man sich vergegenwärtigen, welche Rechte und Pflichten
durch die Verfassung dem Könige von Preußen bezw. dem deutschen Kaiser
zuerkannt sind. Der Kriegsminister verliest eine längere Darlegung über
die Entwickelung des Militärkabinetts und führt dann aus: es ist ohne
weiteres klar, daß einzelne der Befugnisse, die der König auf Grund seiner
Kommandogewalt hat, sich der Mitwirkung des Kriegsministers sehr wohl
entziehen können, indem sie Dinge betreffen, die mit der Verwaltung im
engern Sinne oder mit dem Etat. in keiner Weise kollidieren. In Preußen
ist es allezeit allein üblich gewesen, daß der König die Ernennung von
Offizieren, ihre Versetzung und Verwendung allein als Sache der unmittel-
baren Kommandogewalt angesehen hat. Nach den frühern Vorschriften
hatte der Abteilungschef für die Personalangelegenheiten, obwohl er dem
Kriegsminister unterstellt war, persönlichen Vortrag beim König und sich
lediglich über allgemeine Armeegrundsätze und über Geldausgaben mit dem
Kriegsminister ins Einvernehmen zu setzen. Ich kann nicht sagen, daß
ich dieses Verhältnis für ein ganz logisches halte, denn formell ist der
Kriegsminister sein Chef, materiell hat er ihm nichts zu sagen. Die
Trennung, die 1883 eingetreten ist, ist nach meiner Meinung die bessere.
Nun wird das Militärkabinett in der Oeffentlichkeit vielfach als etwas im
stillen Wirkendes, als etwas Mystisches, als etwas sehr Bösartiges hin-
gestellt. Ich möchte fragen: was ist das Militärkabinett? An der Spitze
steht ein General, der eine lange Ausbildung im Generalstab und in der
höhern Truppenführung bekommen hat. an seiner Seite Offiziere, die zum
größten Teil längere Zeit im Kriegsministerium sich besonders bewährt
haben. Ich möchte meinen, daß gerade diese Auswahl der Offiziere, ihre
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