112 HNos Veische Reich und seine rintelnen Glieder. (März 27. 28.)
jährlichen Zuschuß vom Mutterlande. Der derzeitige Rückgang des Handels
in Tsingtau hänge lediglich mit der allgemeinen wirtschaftlichen Depression
Ostasiens zusammen: trotzdem seien die Einnahmen Tsingtaus noch um
40000 Dollar gestiegen, während die Hongkongs um 200000 Dollar ge-
sunken seien. Die neuesten Berichte über Kiautschou lauteten sehr günstig.
Der Schiffsverkehr im Februar sei um 50 Prozent, der Bahnverkehr um
37 Prozent gestiegen.
27. März. Der konservativ-ultramontane Block.
Die „Nationalliberale Korrespondenz“ schreibt über die
konservative Interessenpolitik: "Die Konservativen haben einen
Antrag des Zentrums akzeptiert, der im Zusammenhang mit der Bei-
behaltung der vollen Liebesgabe in den weitesten Kreisen der Bevölkerung
Entrüstung und Befremden hervorrufen wird. Im Zeichen der Finanznot
des Reiches eine weitere Liebesgabe von 10 Millionen Markl Daß die
Konservativen unter Ueberspannung jeder irgendwie berechtigten Interessen-
politik gerade die Branntweinsteuervorlage benutzen, um den Block zu
sprengen, läßt erkennen, daß diese Partei unter dem Joche des Bundes
der Landwirte verlernt hat, die Interessen der die Partei beherrschenden
Agrarier hinter das Wohl des ganzen Landes zurücktreten zu lassen.“
27. März. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Der Gesetz-
entwurf über die Haftung des Staates und anderer Verbände für
Amtspflichtverletzungen von Beamten bei Ausübung der öffent-
lichen Gewalt wird in dritter Lesung angenommen.
27. März. (Reichstag.) Der Marineetat wird im Plenum
ohne Debatte innerhalb 1½ Stunden nach der Vorlage der Regie-
rung angenommen.
28. März. (Berlin.) Das deutsch-französische Annäherungs-
komitee hält unter Vorsitz des Präsidenten des Herrenhauses Frei-
herrn v. Manteuffel seine Jahresversammlung ab.
28. März. Der Fürst Karl Günther von Schwarzburg-
Sondershausen fim Sanatorium „Weißer Hirsch“ bei Dresden
infolge Zuckerkrankheit, 69 Jahre alt. Sein Nachfolger wird der
49 Jahre alte Prinz Sizzo von Leutenberg, der auch für Schwarz=
burg-Rudolstadt Thronfolger ist.
28. März. (Zur Reichsfinanzreform.) Die „Norddeutsche
Allgemeine Zeitung“ schreibt in ihrem Wochenrückblick:
„Die Regierung hat zum Ausgleich für die indirekten Steuern als
besondere Belastung des Besitzes eine Nachlaßsteuer vorgeschlagen, die maß-
voll, gerecht und dabei ergiebig ist, die landwirtschaftlichen Verhältnisse
in weitgehendem Maße besonders berücksichtigt und anderseits den einzel-
staatlichen Finanzsystemen formell und materiell Rechnung trägt. Auch
hier hatte die Abweichung von der nach sorgsamster Prüfung gewählten
Regierungsvorlage lediglich eine allgemeine Verwirrung zur Folge, wie
sie ja jetzt vor aller Augen liegt. Keiner der Anträge und Kompromiß-
beschlüsse, wie sie im Schoße der Kommission von dieser oder jener Partei-
gruppe gestellt oder gefaßt worden sind, hat der Kritik der Parteien im