Das Veuische Reiq und seine einjelnen Glieder. (April 13. - 16.) 131
13. April. (Köln.) Am Osterdienstag treten im Kölner
Görreshaus zehn Mitglieder der Zentrumspartei zu einer Konferenz
zusammen, die über den konfessionellen Charakter der Zentrums-
partei und über den engeren Anschluß des Volksvereins an den
Episkopat eine vertrauliche Besprechung haben.
Der Einberufer der Konferenz, Kaplan Schopen, ließ ein Protokoll
für die übrigen Konferenzmitglieder drucken. Durch einen Vertrauens-
bruch in der Druckerei gelangte dieses Protokoll an die „Kölnische Volks-
zeitung“, die daraufhin die zehn Männer geheimer Wühlereien bezichtigte
und eine Berichtigung des Konferenzleiters, Reichstagsabgeordneten
Dr. Bitter aus Kiel, nicht in ihre Spalten aufnahm. Nach späteren An-
gaben des Dr. Bitter wurde die Zentrumspartei durch folgende beiden
Sätze definiert: 1. Das Zentrum ist eine politische und keine spezifisch
katholische Partei; 2. die Grundlage des Zentrumsprogramms war und ist
die katholische Weltanschauung. (Siehe 9. August.)
14. April. (Nürnberg.) Tagung des Bundes der deutschen
Bodenreformer.
Dabei wurde auch die Frage diskutiert, ob die dem Grund und
Boden auferlegte Zuwachssteuer allein den Gemeinden oder zum Teil auch
dem Reiche zufließen solle. Sehr energisch verteidigte der Vertreter des
bayerischen Staatsministeriums, Ministerialrat Henle, den ersten Stand-
punkt. Ihm schlossen sich die Landtagsabgeordneten Prof. Dr. Matzinger
und Prof. Dr. Quidde, der hessische Landtagsabgeordnete Dr. Glässing,
Bürgermeister von Darmstadt, v. Leistner, Bürgermeister von Straubing,
und der Stadtsyndikus von Mannheim Dr. Landmann an. Für den Ge-
danken einer Reichszuwachssteuer, bei der den Gemeinden aber ein ge-
bührender Anteil gesichert würde, kämpften der Reichstagsabgeordnete
Behrens, A. Pohlmann und der Begründer des Bundes deutscher Boden-
reformer Damaschke.
15. April. (Anhalt.) Im anhaltischen Landtag erfolgt die
Annahme der Vorlage über das Diensteinkommen der akademisch
gebildeten Oberlehrer.
Nach der angenommenen Fassung beträgt nunmehr das Dienst-
einkommen der akademisch gebildeten Oberlehrer 3000 Mark bei der An-
stellung und das nach 24 Dienstjahren zu erreichende Endgehalt 7300 Mark.
Die Direktoren an den höhern Mädchenschulen erhalten 5200 Mark bei
der Ernennung zum Direktor und 7500 Mark (Endgehalt) nach 12 Jahren.
Die Direktoren der übrigen höhern Lehranstalten erhalten 5400 Mark bei
der Ernennung und 7700 Mark Endgehalt nach 12 Jahren.
15. April. Die Jacht „Hohenzollern“ mit dem Kaiser, der
Kaiserin und Prinz Oskar an Bord dampft in Begleitung von
„Hamburg“ und „Sleipner“ um 5 Uhr morgens von Venedig
nach Korfu ab.
16. April. (Freising.) Bayerische Bischofskonferenz.
Sie erläßt ein Schreiben an den katholischen Lehrerverein über die
Schulaufsichtsfrage. Der Episkopat müsse wie sein Vorgänger schon 1867
es in einer Denkschrift getan habe, die Mitaufsicht über die ganze Schule
9