Das Beensche Keich und seine einjelnen Glieder. (April 30. Mai 1.) 161
auf Deszendenten und Ehegatten in unbeerbter Ehe, mit möglichster Ver-
meidung lästigen Eindringens in die Familienverhältnisse, nimmt die Re-
gierung an und kann sich auch mit der zweiten Forderung dieses Antrags
einverstanden erklären, soweit hierdurch nicht mindestens hundert Millionen
aufgebracht werden, einen weitern Entwurf über die Besteuerung des Wert-
zuwachses von Immobilien vorzubereiten. Die im freisinnigen Antrag
geforderte Vermögenssteuer lehnt die Regierung ab. Der sozialdemokratische
Antrag, der Erbschaftssteuer, Wertzuwachssteuer usw. als Ersatz für die
indirekten Steuern aufstellt, verstößt gegen die ganze Basis der Finanz-
reform. Die andere Forderung des sozialdemokratischen Antrags, zunächst
die Nachlaßsteuer und das Erbrecht zur Verhandlung zu stellen, sei lediglich
eine Sache der Geschäftsordnung. Der Antrag der Reichspartei, in dem
Antrag Dietrich die Bezeichnung als Ersatzsteuer zu streichen, sei als
Eventualantrag akzeptabel. Der neue Antrag der Wirtschaftlichen Ver-
einigung, ohne Verzug eine Immobiliar-Wertzuwachssteuer auszuarbeiten,
sei im Sinne der verbündeten Regierungen; die zweite Forderung, in Er-
wägungen über eine Wertzuwachssteuer auf den beweglichen Besitz ein-
zutreten, müsse als undurchführbar abgelehnt werden.
Hierauf äußert sich das Zentrum durch den Abgeordneten Dr. Spahn.
Er erklärt, das Zentrum halte den konservativen Antrag für einen gang-
baren Weg, um damit die Erbanfallsteuer zu vermeiden. Habe der Staats-
sekretär die Stimmen des Bundesrats auch in seiner Tasche? Sonst hätte
er mit seiner Erklärung noch warten sollen. Wenn man eine Immobiliar--
steuer wolle, dann müße man auch den Mobiliarwertzuwachs treffen. In
dieser Auffassung werde er gerade durch die Ausführungen des Reichsbank-
präsidenten gefestigt. Eine direkte Vermögenssteuer wolle das Zentrum
nicht. Er könne sch aber einen andern gangbaren Weg denken. Das
Zentrum werde dem Antrag Dietrich zustimmen und sich des Eingehens
auf alle Einzelheiten enthalten, bis die Vorlage von der Regierung aus-
gearbeitet sei. Das Mobiliarvermögen müsse mitgetroffen werden.
Schatzsekretär Sydow erwidert: für ihn habe die Einführung der
Zuwachssteuer auf Immobilien nicht die Konsequenz der Einführung auch
auf den Mobiliarbesitz. Die Sätze müßten sehr hoch genommen werden,
wenn die Kommunen beteiligt werden sollen. Der Deklarationszwang für
das bewegliche Vermögen könne bei der Erbanfallsteuer nach Möglichkeit
durchgeführt werden. Der von Dr. Rösicke angegebene Weg sei als un-
gangbar nachgewiesen.
30. April. Suspendierung des Geh. Leg. Rats Dr. Hammann
vom Amt.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ meldet: Entgegen den ab-
lehnenden Bescheiden des Oberstaatsanwalts beim Landgericht I und des
Generalstaatsanwalts beim Kammergericht beschloß der Strafsenat des
Kammergerichts, die Erhebung der öffentlichen Anklage wegen Verletzung
der Eidespflicht gegen den Wirkl. Geh. Legationsrat Dr. sammann. Dieser
beantragte darauf beim Staatssekretär des Auswärtigen seine Beurlaubung
unter Suspendierung vom Amte bis auf weiteres. Diesem Antrage ist
entsprochen worden. (Siehe 6. Juli.)
1. Mai. (Reichstag.) In der Finanzkommission kommt es
zu folgenden Abstimmungen:
Der Antrag der Sozialdemokraten (Reichsvermögens- und Reichs-
einkommensteuer als Ersatz für die indirekten Steuern) wird gegen die
Sozialdemokraten abgelehnt.
Europäischer Geschichtskalent#ler. 1. 11