Das Veuische Reich und seine eintelnen Glieder. (Mai 13.) 171
13. Mai. (Krisis in der Finanzkommission.) Bei der
Fortsetzung der Beratung über die Tabaksteuer kommt es zu einem
Konflikt zwischen den Blockparteien und zu der Abgabe des Vor-
sitzes durch den Abg. Paasche an den Abg. Spahn.
Die Kommission war in die Beratung des Regierungsantrags der
Banderole eingetreten. Der 82, der das Prinzip enthält, wurde aber abgelehnt.
Nunmehr verlangte der Vorsitzende Paasche, daß jetzt die ausgesetzte Ab-
stimmung über § 4 des Antrags der Subkommission vorgenommen werde.
Die Konservativen und das Zentrum lehnten das ab. Sie verlangten
vielmehr trotz der Ablehnung des § 2 die Fortsetzung der Beratung des
Banderolenentwurfs. Vorsitzender Paasche erklärte dies für geschäfts-
ordnungswidrig. Gleichwohl erfolgte der Beschluß. Paasche übergab infolge-
dessen den Vorsitz an Spahn. Im Namen der Nationalliberalen erklärte
nun Dr. Weber, daß sie sich nicht weiter beteiligten. Sie verließen den
Saal. Dr. Spahn vertagte gleichzeitig die Sitzung. Der Abgeordnete
Dr. Paasche hat sofort nach der Sitzung der Finanzkommission in einer
Zuschrist an den Abgeordneten Dr. Spahn sein Amt als Vorsitzender der
ommission niedergelegt.
13. Mai. Die deutsche Kaiserjacht „Hohenzollern“ langt im
Hafen von Pola an. Noch an demselben Tage findet in der Wiener
Hofburg das Galadiner statt, bei dem Kaiser Franz Joseph
auf das Kaiserpaar folgenden Trinkspruch ausbringt:
„Der Besuch, den Eure Majestät in Begleitung Ihrer Majestät der
Kaiserin Mir heute abzustatten die Güte haben, erfüllt Mich mit wahrer
herzlicher Freude und bietet Mir den sehr erwünschten Anlaß, Meiner hohen
Genugtuung darüber Ausdruck zu verleihen, daß es Mir vergönnt ist,
Eure Majestät, den beharrlichen Förderer aller Friedensbestrebungen, in
einem Augenblick begrüßen zu dürfen, da der im verflossenen Winter
manchen Gefahren ausgesetzte Friede wieder gesichert erscheint. Mit tiefer
und aufrichtiger Dankbarkeit gedenke Ich hierbei der neuerdings in glän-
dender Weise bewährten bundesfreundlichen Haltung des Deutschen Reiches,
aen stets hilfsbereite Unkerstützung die Erfüllung Meines innigen Wun-
sches in so hohem Maße erleichtert hat, alle entstandenen Schwierigkeiten
ohne kriegerische Verwickelungen auszugleichen. Waren auch alle Mächte
einig in diesem redlichen Bemühen, so ist es doch vor allem der un-
erschütterlichen Bundestreue Meiner hohen Freunde und Verbündeten,
Eurer Majestät und Seiner Majestät des Königs von Italien, zu danken,
wenn Wir heute mit ungetrübter Befriedigung auf die erzielten Erfolge
blicken können. In der sicheren und durch eine auf drei Dezennien zurück-
reichende Erfahrung begründeten Zuversicht, daß das kostbare Gut des
Friedens auch künftighin seine sicherste Bürgschaft in den dauernden und
innigen Beziehungen finden wird, die uns und unsere Völker verbinden,
heiße ich Eure Moajestäten aufs herzlichste willlommen und erhebe Mein
Glas auf das Wohl Eurer Moajestät, Ihrer Majestät der Kaiserin und
des gesamten kaiserlichen und königlichen Hauses.“
Kaiser Wilhelm antwortet:
Euerer kaiserlichen und königlichen apostolischen Majestät huldvoller
warmer Willkommensgruß hat uns, die Kaiserin, Meine Gemahlin, und
Mich, in tiefer Seele bewegt und gerührt. Empfangen Euere Majestät
innigsten Dank für diese Worte wahrer und edler Freundschaft. Ein