Das NBeutsche Reich und seine eintelnen Glieder. (Mai 29.) 189
darum haben wir diesen Antrag eingebracht, und wir find trotz der
Gründe des Herrn Staatssekretärs nicht in der Lage, auf unsern Antrag
zu verzichten.
Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: Die Regierung wird Vor-
schläge zu der Heranziehung des mobilen Kapitals dem Reichstage unter-
breiten, muß aber diesem Antrage gegenüber auf ihrer ablehnenden Haltung
beruhen. Schatzsekretär Sydow bestätigt das ausdrücklich. Auch ein Ver-
treter der sächsischen Regierung gibt die Erklärung ab, daß die Kotierungs-
steuer für seine Regierung unannehmbar sei.
Graf Oppersdorff (Ztr.): Man möge nicht immer die Kriegs-
bereitschaft in den Vordergrund schieben, das Argument habe an Wirk-
samkeit sehr verloren. Die Regierung möge ihre Pläne endlich enthüllen.
Schatzsekretär Sydow erklärt, er könne sich über Einzelheiten der
Regierungspläne nicht äußern, bevor der Bundesrat sich darüber schlüssig
geworden sei.
Dr. Böhme (wirtsch. Bag.) erklärt sich für den Antrag der Kon-
servativen.
Frhr. v. Gamp (Rp.): Man muß mit der Ablehnung der Erbschafts-
steuer rechnen wie mit ihrer Annahme. Es wäre nicht klug von der Re-
gierung, die Besitzsteuern von vornherein einfach abzulehnen. Ich hoffe,
aß bei der vom Staatssekretär in Aussicht genommenen Erbschaftssteuer-
vorlage unsern Bedenken Rechnung getragen werden wird. Ueber etwaige
Ersatz= oder Ergänzungssteuern werden wir uns nach Eingang der Vor-
lagen schlüssig machen.
Gröber (Ztr.): Das Zentrum faßt seine Beschlüsse ohne Rücksicht
auf die Stellung der Regierung, nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn
ein Gedanke darum nicht von der Regierung angenommen werden sollte,
weil das Zentrum dafür stimmt, dann wird's schlimm. Ich habe soeben
die „Norddeutsche Allgemeine“ gelesen, dort ist noch mehr angedeutet. Es
mag kommen! Die Herren mögen davon überzeugt sein, daß sie eine
Mehrheit für die Erbschaftssteuer nicht bekommen werden. Sukkurs hat
die Regierung nicht zu erwarten; wenn sie trotzdem eine Vorlage machen
will, so muß ich dem Herrn Staatssekretär überlassen, den Erfolg ab-
zuwarten. — Es wird abgestimmt und die Kotierungssteuer mit dem
entrumsantrag Müller-Fulda einstimmig angenommen. Es folgt die
eratung der Umsatz= und Wertzuwachssteuer.
Schatzsekretär Sydow ist nach wiederholter Prüfung der Sache
von der Ueberzeugung nicht zurückgekommen, daß die Frage noch nicht
soweit geklärt sei, daß sie sich zu einer gesetzlichen Regelung in wenigen
Monaten eigne.
Dr. Böhme E# Vgg.) bringt unter Zurückziehung seines bis-
erigen Antrags (auf Freilassung der Grundstücke unter 20000 Mark und
safeelung der Umsatzsteuer bei Grundstücken von höherem Wert) einen
neuen Antrag ein, der unbebaute Grundstücke im Werte von 5000 Mark,
bebaute im Werte von 20000 Mark von der Umsatzsteuer auf Antrag
freiläßt, im übrigen beträgt die Umsatzsteuer ½ Prozent; tritt drei Jahre
nach dem Erwerb ein neuer Besitzwechsel ein, so ist die Umsatzsteuer von
dem letzten Besitzer zu entrichten. Solche Erwerber, die einen Grundbesitz
im Werte von mindestens 100000 Mark besitzen, haben die Steuer zu
entrichten. Dieser Antrag wird angenommen, ebenso eine Reihe weiterer
Abänderungsanträge des Grafen v. Westarp (kons.). Ein Teil von ihnen
betrifft die technische Ausführung der Steuererhebung. Abgeändert nach
dem angenommenen Antrag Böhme lautet der Eingang zu § 1: Jeder
abgeleitete Eigentumserwerb eines im Deutschen Reich oder seinen Schutz-