194 as Beutfsche Reich und seine eintelnen Glieder. (Juni 5.)
Hierauf sprach der geschäftsführende Vorsitzende Konteradmiral
Weber über die Ziele des Deutschen Flottenvereins. Aus den Erklärungen
des Ersten Lords der britischen Admiralität gehe unzweideutig hervor, daß
England die Möglichkeit haben wolle, durch eine überlegene Flotte allen
fremden Handel zu unterbinden. Deshalb will England auf das See-
beuterecht nicht verzichten. Es sei unverständlich, daß es in Deutschland
immer noch Menschen gäbe, die eine Verständigung mit England auf
dieser Grundlage für möglich halten. Die letzten Vorgänge im nahen
Osten und die dabei zutage getretene Gruppierung der europäischen Mächte
hätten den Blick dafür geschärft, daß für das politische Ansehen des Deutschen
Reiches und für seine Fähigkeit, den Frieden zu sichern, künftig eine starke
Flotte unbedingtes Erfordernis sein werde. Auch nach dieser Richtung
würde Deutschland sich für alle Zukunft die Hände binden, wollte es mit
irgendeiner Großmacht Abmachungen treffen, die es, wie einst der Friede
von Tilsit das besiegte Preußen, außerstande setzten, seine Lebensinteressen
wahrzunehmen. Das Flottengesetz sei wie jedes andere auch auf Grund
zeitlicher Bedingungen aufgestellt worden, und es müsse darum nicht dem
Buchstaben, sondern dem Sinne nach aufgefaßt werden. Es müsse ver-
bessert werden, wenn die Bedingungen sich wesentlich geändert hätten,
unter denen es aufgestellt worden sei, wie es ja auch durch die Novellen
der Jahre 1906 und 1908 geschehen sei. Der Ausbau der Linienschiffe
als wichtigsten Teils der Flotte, sowie der kleinen Kreuzer, Torpedoboote
und Unterseeboote sei dank der Novelle von 1908 in Bahnen gelenkt, die
eine rationelle Ausnutzung der vorhandenen Möglichkeiten erwarten ließen.
Dagegen wiesen das Bauprogramm der Panzerkreuzer und die Indienst-
haltungsbestimmungen der Reserveformationen so bedenkliche Schwächen
auf, daß ihre baldige Beseitigung dringend geboten erscheine. Die Finanz-
not des Reiches habe eine Lücke bedenklichster Art in unserer maritimen
Rüstung verschuldet.
Wirkl. Geimrat Hamm-Bonn tritt für die Annahme folgender
Resolution ein: „Die neunte Hauptversammlung des Deutschen Flotten-
vereins stimmt den Ausführungen des geschäftsführenden Vorsitzenden über
unsere Ziele und insbesondere auch über die Notwendigkeit einer durch-
greifenden, die Sicherheit des Reiches bedingenden Finanzreform vollständig
zu.“ Eine Begründung hält er nicht für notwendig und bittet auch, von
einer Besprechung abzusehen. (Lebhafter Beifall.)
Es entspinnt sich eine Erörterung, in der Geheimrat Prof. Busley-
Charlottenburg beantragt, den ersten Teil der Resolution Hamm an-
zunehmen, und zwar in folgender Fassung: „Die neunte Hauptversamm-
lung des Deutschen Flottenvereins stimmt den Ausführungen ihres ge-
schäftsführenden Vorsitzenden über die Ziele vollständig zu.“
Es wird dann der Antrag Hamm mit großer Mehrheit abgelehnt
und der Antrag Busley angenommen.
5. Juni. (Kiel.) Stapellauf des Turbinendampfers „Cöln“.
5. Juni. (Bayern.) Das bisher am 16. Juni gefeierte
Fest des Münchener Schutzpatrons Benno, im 11. Jahrhundert
Bischof von Meißen, wird abgeschafft.
5. Juni. (Sachsen.) Der Vorstand des sächsfischen konser-
vativen Landesvereins macht öffentlich bekannt, daß die sächsische
konservative Partei an der Erbanfallsteuer festhalte.