Das Dentsqhe Reiq nnd seine einzelnen Glieder. (Juni 14.) 203
herangezogen wird. Ein Bedenken hat die Steuer allerdings insofern, als
der Nennwert des Kaufvertrages für die Bersteuerung maßgebend sein soll
und Hypotheken oder andere das Grundstück belastende Schuldforderungen
nicht in Abzug gebracht werden können. Bei einer starken Belastung mit
Hypotheken, wie man sie manchmal bei ländlichen Grundstücken, namentlich
aber bei städtischen findet, erhöht sich dadurch der Stempel für die wirklich
gezahlte Kaufsumme ganz beträchtlich. Es gehört keineswegs zu den Aus-
nahmen, daß städtische Grundstücke mit 80 Prozent und mehr ihres Wertes
belastet sind, die der Käufer in Gestalt von Hypotheken mit übernehmen
muß. Bei einem mit 80 Prozent belasteten, für 100000 Mark verkauften
Hause würde der Stempel, auf das Anzahlungskapital von 20000 Mark
berechnet, nicht mehr ½ Prozent, sondern ½ Prozent der Anzahlung be-
tragen. Es widerspricht das dem sonst immer angenommenen und be-
währten Grundsatze, daß bei Steuern auch die Schulden in Anrechnung
gebracht werden müssen. Dieses Bedenken ist bei den Erwägungen der
egierung nicht übersehen worden, doch hat man geglaubt, bei der Not-
rn eines großen Steuerertrages diese Rücksicht zurücktreten lassen
zu müssen.
Die Erhöhung des Wechselstempels und des Wertpapierstempels
sowie die Einführung eines neuen Scheckstempels treffen das mobile Kapital.
Daß dieses bei den neu aufzubringenden Steuern herangezogen werden
muß, ist auch von den Interessenten nicht in Abrede gestellt worden, nur
wurde die Forderung erhoben, daß die neue Steuer nicht so eingerichtet
werden dürfe, daß sie durch Hemmung und Belästigung von Handel und
Verkehr unser wirtschaftliches Leben in unerträglicher Weise hindere. Dieser
Forderung ist unseres Erachtens entsprochen worden, und auch die im
Reichsschatzamt befragten Bertreter des mobilen Kapitals haben diese neue
Belastung als erträglich bezeichnet und sich zu ihrer Uebernahme, wenn
auch selbstverständlich nicht mit Bergnügen, so doch mit der Opferwilligkeit
bereit erklärt, die sie bei notwendigen Auflagen bisher noch immer zeigten.
Daß man den Scheck nicht freilassen konnte, bedauern wir weniger wegen
des Stempels an sich, der als Fixstempel keine einschneidende Bedeutung
hat, als vielmehr darum, weil er gerade in eine Zeit fällt, wo man den
Scheckverkehr durch Gewährung verschiedener Erleichterungen in unsern
eschäftlichen Gewohnheiten einzubürgern suchte. In diesem Uebergangs-
badium kann selbst ein Fixstempel auf manchen, der sich noch nicht an
den Scheckverkehr gewöhnt hat, abschreckend wirken. In Ländern, wo man
sich schon an diese Zahlungsform gewöhnt hat, nimmt man auch den
kleinen Stempel ohne Abneigung hin, und das Bedauerliche liegt unseres
Erachtens nur darin, daß er in eine Einführungs= und Entwickelungs-
eriode fällt. Aber auch damit wird man sich unter dem Drange der
erhältnisse abfinden müssen.
Das Steuerbukett, so wie es sich nach der Vorlage der Regierung
präsentiert, kann sonach in drei Gruppen eingeteilt werden.
1. Die Erbanfallsteuer, die glei mäßig vom mobilen
und immobilen Kapital erhoben wird 55 Millionen
2. Die Bersicherungssteuer und die Umsatzsteuer, die
vorwiegend vom immobilen Kapital zu tragen
sind, zusamen
3. Der Wertpapier-, Wechsel- und Scheckstempel, der
das mobile Kapital belastte 30
n
140 Millionen.
So stellen sich die neuen Steuervorlagen der Regierung dar. Da
sie zum Teil eine recht schwere Belastung bedeuten, werden sie von keiner