6 JNas Vesche Reich und seine einzelnen SGlieder. (Januar 11. 12.)
Anfang Januar. (Bremen.)
Bremens Schiffsverkehr ist im Jahre 1908 von 4097000 auf
3382600 Tonnen zurückgegangen; davon der Verkehr Bremerhavens um
172700 Tonnen infolge des verminderten Passagiergeschäfts.
Anfang Januar. Der deutsche Richterbund, zu dem sich
3000 Richter und Staatsanwälte zusammengetan haben, tritt ins
Leben.
11. Januar. 35. Vollversammlung des deutschen Handels-
tages.
Die Versammlung erklärt sich für den Regierungsentwurf der Erb-
schaftssteuern und für eine erhöhte Branntweinsteuer unter Aufhebung der
steuerlichen Begünstigungen. Für Tabak wird die Banderolesteuer ver-
worfen und der Ausbau des jetzigen Systems empfohlen. In Bezug auf
die Brausteuer wird die zu große Begünstigung der Kleinbrauereien be-
mängelt. Es wurden Resolutionen gegen das Arbeitskammergesetz, gegen
die Steuer auf Elektrizität und Gas, gegen die Steuer auf Anzeigen und
gegen die Gesellschaftssteuer angenommen.
11. Januar. Reichstagsersatzwahl im Wahlbezirk Siegen-
Wittgenstein-Biedenkopf.
Es erhielten Mumm christl.soz.) 13429, Vogel (nl.) 7828, Nuschke
(Frs. Vgg.) 4175, Scharmitzel (Ztr.) 3046, Schneider cchristl. nat.) 959,
Gogowski (Soz.) 1695 Stimmen. Es ist Stichwahl zwischen Mumm und
Vogel erforderlich.
12. Januar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Etats-
rede des Finanzministers Freiherrn v. Rheinbaben:
Für 1907 sei infolge des ungünstigen Abschlusses der Eisenbahn-
verwaltung ein Fehlbetrag von 71,8 Millionen entstanden, dessen Deckung
durch Anleihe vom Hause verlangt werden wird. Für 1908 werde der
Staatshaushalt mit einem Fehlbetrag von 165 Millionen abschließen, der
sich auf 195 Millionen stellen würde, wenn der Steuerzuschlag von
30 Millionen nicht bewilligt würde. Trotzdem seien 126 Millionen Mark
für die Aufbesserung der Gehälter der Beamten, Lehrer und
Geistlichen vorgesehen. Für 1909 werden an die Eisenbahnverwaltung
so hohe Anforderungen gestellt werden, daß statt 249,4 nur noch 83,5
Millionen an die Staatskasse abgeführt werden können.
Diese Tatsache beleuchtet in greller Weise die allgemeine wirt-
schaftliche Lage. Bei den Forsten hat bedauerlicherweise ein Minder-
überschuß von 1 Million eingestellt werden müssen, indem die Einnahmen
aus dem Holzverkauf niedriger, die Werbungskosten aber höher anzusetzen
waren, auch berücksichtigt werden mußte, daß es trotz der ungünstigen
Finanzlage unwirtschaftlich wäre, die Aufforstungen in engerm Rahmen
zu halten, als forstwirtschaftlich geboten ist. Bei den direkten Steuern
erscheint in dem Ordinarium ein Mehrüberschuß von 30,7 Millionen Mark,
das ist ungefähr der einzige Lichtpunkt in dem ganzen Etat für 1909. Es
ist von Interesse zu verfolgen, wie sich seit den veränderten Grundsätzen
von 1906 die Veranlagung der Einkommensteuer gestaltet hat. 1907 war
das Veranlagungssoll 247 Millionen. Naturgemäß erfolgten bei der Neu-
heit der eingeführten Grundsätze Reklamationen in sehr Karkem Umfange,
so daß nur 241,7 Millionen aufkamen. Für 1908 stellt sich das Ver-