222 Das Veesche Reich und seine einzeluen Glieder. (Juni 17.)
90 Prozent der selbständigen Landwirte. Die kleineren und mittleren
Existenzen bleiben also ganz frei. Die Steuer wird also niemanden
schädigen. Nur durch Unkenntnis ist eine Beunruhigung im Lande hervor-
gerufen. Im einzelnen kann jeder durch eine Lebensversicherung für die
Steuer sorgen, so daß sie für die Erben nicht fühlbar wird. Auch ist
dafür gesorgt worden, daß die Daxen nicht durch zufällige Momente zu
hoch genommen werden. Sie dürfen niemals die landschaftlichen Taxen
übersteigen. Von einer Ueberlastung der Landwirtschaft kann also nicht
die geringste Rede sein. Außerdem bleibt bei Erbanfällen, die sich inner-
halb fünf Jahren wiederholen, der zweite Erbfall ganz frei, während nur
die Hälfte besteuert wird, wenn der Erbfall sich in zehn Jahren wiederholt.
Das wichtigste Bedenken gegen die Heranziehung des land= und forst-
winsschaftlichen Besitzes war, daß die kleinen ländlichen Besitzer vielfach
nicht in der Lage sind, Kapital zur Zahlung der Erbschaftssteuer zur Ver-
fügung zu haben. Deshalb ist in der Vorlage vorgesehen, daß bei land-- und
forstwirtschaftlichen Grundstücken eine Entrichtung der Erbschaftssteuer in
Kapital nicht gefordert werden kann, sondern daß die Erden berechtigt
sein sollen, unter Zugrundelegung einer vierprozentigen Verzinsung in
einer 20 jährigen Rente die Steuer abzuzahlen. Damit ist dem Einwande,
daß hier der erste Schritt zur Expropriation getan ist, die Spitze ab-
gebrochen. Bei einem Erbfall innerhalb der 20 Jahre wird die Rente
nicht kumuliert, sondern die Zahlung der zweiten Rente hat erst ein-
zusetzen wenn die erste abgezahlt ist. Ein Landgut mit einem Ertrage
von 3200 Mark und 40000 Mark Schulden, also einem Reinvermögen
von 24000 Mark, würde bei Anfall an einen Erben jährlich 17 Mark
Rente für die Erbanfallsteuer zu entrichten haben. Für ein Landgut mit
8000 Mark jährlichem Reinertrag und 100000 Mark Schulden, also einem
Reinwerte von 60000 Mark, würden bei einem Kinde jährlich 60 Mark
Rente, bei drei Kindern jährlich je 14,72 Mark Rente zu zahlen sein.
Bei einem Landgut mit 80000 Mark Reinertrag und 1000000 Mark
Schulden, also einem Reinwerte von 600000 Mark würden bei einem Kinde
jährlich 1434 Mark Rente, bei zwei Kindern je 551 Mark Rente und bei
drei Kindern jährlich je 331 Mark Rente zu entrichten sein. Diese Be-
träge sind doch sehr mäßig berechnet. (Sehr richtig! links.) Bei aller
Anerkennung der schweren Belastung der Landwirtschaft können diese Be-
träge doch ertragen werden und von einer Gefährdung des land- und
forstwirtschaftlichen Besitzes kann man nicht sprechen (Sehr richtig! links.)
Große Bedenken sind auch von dem ethischen Standpunkte, von dem Stand-
punkte der Fürsorge für die Familien erhoben. Wir haben diesen Be-
denken ebenfalls Rechnung getragen. Es wurde hervorgehoben, daß es
überaus schmerzlich sei, wenn im Augenblicke des Todes der Steuerbeamte
komme und jedes Möbel, jedes Familienbild, jedes Schmuckstück einschätze
und so in alle intima eindringe. Wir haben Möbel und Hausgeräte von
der Erbschaftssteuer ausgenommen. Bei einer Ehe, aus welcher Kinder
entsprossen sind, ist die Möglichkeit gegeben, daß der überlebende Mann,
der zum Erben eingesetzt ist, die Erhebung einer Erbschaftssteuer von seinem
und seiner Kinder Vermögen hinausschieben kann, bis auch er stirbt. In
diesem Momente werden die meisten Kinder herangewachsen sein und werden
sich über das elterliche oder mütterliche Erbe auseinanderzusetzen haben,
und dann ist der Eingriff nicht so schmerzlich. Bei voller Würdigung
aller Faktoren wird man sich doch sagen müssen, daß die Bedenken gegen
die Vorlage eine wesentliche Abschwächung erfahren haben Allerdings ist
die Beseitigung dieser Bedenken bei dem Teile des Hauses, der sich ab-
lehnend gegen diese Steuer verhält, nicht gerade erleichtert worden durch