Das Dentsche Reih und seinte einzelnen GSlieder. (Juni 17. 18.) 225
wir uns an der Debatte nicht beteiligen. Wir beschränken uns auf die
Erklärung, daß wir für Ueberweisung an die Kommission stimmen werden.
(Heiterkeit.)
17. Juni. Ueber die Zusammenkunft des Kaisers mit dem
Zaren fiehe unter Rußland (17. Juni).
17. Juni. Der Bundesrat stimmt dem Freundschafts-,
Handels= und Schiffahrtsvertrag mit Venezuela zu.
17. Juni. (Hessen.) Die hessischen Handelskammern pro-
testieren in einem Schreiben an den Reichskanzler gegen die von
der Finanzkommission angenommenen Ersatzsteuern.
18. Juni. (Reichstag.) Weiterberatung der Reichsfinanz-
reform.
Es nimmt zunächst der preußische Handelsminister Delbrück das
Wort, um nochmals die Pläne einer Mühlenumsatzsteuer und eines Kohlen-
ausfuhrzolls wie einer Kotierungssteuer als undurchführbar hinzustellen.
Das Haus hört kaum zu und widmet sich der Privatunterhaltung, auch
der Eintritt des Fürsten Bülow stört es darin nicht. Delbrück spricht
völlig frei und mit großer Eindringlichkeit, er versammelt allmählich eine
kleine Korona um seinen Platz. Das Bild dieser Spezialidylle ändert sich
in dem Augenblicke, als die Stentorstimme des freisinnigen Führers
Dr. Wiemer durch den Saal zu dröhnen beginnt. Er vermißt zunächst
in der Stellungnahme des konservativen Redners zur Erbschaftssteuer die
richtige Beachtung derjenigen Konservativen, die dafür stimmen wollen,
und in der Rede des Sozialdemokraten Singer die robuste Deutlichkeit,
die ihn sonst auszeichne. Die Polen aber wollen offenbar die Konserva-
tiven noch etwas zappeln lassen. Die politischen Freunde des Redners
hätten den dringenden Wunsch, daß die Abstimmung über die Erbschaftssteuer
sobald als möglich in der zweiten Lesung vorgenommen werde. Unter
allgemeiner Heiterkeit und auch Widerspruch führt der Redner aus, daß
das Wort vom agrarischen Reichskanzler nicht mehr zutreffe. Der liberale
Geist müsse mehr und mehr die Gesetzgebung durchdringen. (Großes Hallo
rechts.) Aber die Konservativen ließen ihnen, wie einst Roon an Moltke
geschrieben, nur die Hoffnung auf Mitarbeit. Zwar hätten die Konserva-
tiven dem Kanzler den Weg geebnet, aber so glatt, daß er darauf straucheln
könne. (Heiterkeit.) Nach wie vor seien die Freisinnigen bereit, die Frage
der Reform ihrer Lösung entgegen zubringen. Mit scharfen Worten hält
der Redner sodann dem Zentrum seinen Umfall in der Frage der Brannt-
weinliebesgabe vor. Der Versuch des Grafen Westarp, die Liberalen für
das etwaige Scheitern der Finanzreform verantwortlich zu machen, sei ein
Versuch mit untauglichen Mitteln. (Nach Bericht der „Köln. Ztg.“".)
Der sächsische Ministerpräsident und Finanzminister Dr. v. Rüger
führt aus: Ich möchte feststellen, daß der Bundesrat in Sachen der Reichs-
finanzreform völlig einig ist. Er ist nicht nur einig in der Ueberzeugung,
daß diese Finanzreform jetzt bald kommen muß, sondern er ist sich auch
völlig klar darüber, in welcher Weise sie durchgeführt werden muß. Diese
Einigkeit ist nicht von heute, sie ist immer gewesen. (Lebhaftes Hört,
hört! links.)
Abg. Raab (wirtsch. Vgg.): Ich wünsche nur, daß das, was in der
Kommission beschlossen worden ist, auch im wesentlichen Gesetz wird. (Bei-
fall rechts.) Man hat die Arbeit der Kommission als verbrecherischen
Europäischer Geschichkskalender. L. 15