Des Dentsqhe Reiq und seine einteluen Slieder. (Januar 12.) 9
betrag wieder einbringen werden? In der Zwischenzeit werden doch auch
die Ausgaben weiter gestiegen sein. Sich also auf die unsichere Zukunft
der Eisenbahnen zu verlassen, halte ich nicht für angängig. Ich kann des-
halb nur mit der Bitte schließen, sich des Ernstes der ganzen Situation
voll bewußt zu sein und sich der Auffassung nicht zu verschließen, daß die
großen Ausgaben des Staates namentlich für die Besoldung nicht getragen
werden können, wenn nicht entsprechende dauernde Deckungsmittel gewährt
werden. (Sehr richtig! rechts.) Wir haben in den letzten Jahren dank
dem Vertrauen zwischen dem hohen Hause und der Regierung fast jedes
Jahr große, schwerwiegende gesetzgeberische Maßnahmen durchgeführt, und
ich hoffe, daß durch dieses Zusammenarbeiten auch die jetzt uns beschäf-
tigenden Aufgaben zu einem gedeihlichen Ende geführt werden, daß sie
zur Lösung bringen sowohl die Besoldungsordnung als auch die festen
finan ziellen Grundlagen für den Staat. (Beisall.)
12. Januar. Denkschrift zur Reichsfinanzreform.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ faßt deren Ergebnisse dahin
zusammen, daß ausgenommen 1896 in sämtlichen Jahren seit der Reichs-
gründung die Ausgaben des Reiches die Einnahmen überschritten haben,
und zwar betrug die Gesamtüberschreitung bis 1907 4096 Millionen Mark.
Da hiervon ein Teil durch den Ueberschuß der Matrikularbeiträge über
die Ueberweisungen gedeckt ist, ergibt sich als endgültiges Minus 3854,1
Millionen. Dieser Betrag stellt den Teil der Reichsschuld dar, der nicht
durch außergewöhnliche Ausgaben oder werbende Anlagen hervorgerufen
ist. Als Gesamtbruttobedarf des Reiches ergab sich ein Betrag von über
11½ Milliarden. Zieht man hiervon die durchlaufenden Posten ab, so
gewinnt man einen Nettobedarf von rund 6220 Millionen. Als Gesamt-
steuerlast Deutschlands wurden 3060 Millionen berechnet, wovon 1200 auf
das Reich, 770 auf die Bundesstaaten, 1030 auf Gemeinde- und Kommunal-
verbände, 60 auf Kirchengemeinden fallen. Auf den Kopf der Bevölkerung
fallen, wie es zum ersten Male möglich war festzustellen, rund 49 Mark
Abgaben, davon sind 25 Mark direkte Steuern. Die prozentuale Belastung
des Einkommens beträgt bei Einkommen von 1000 Mark 1 bis 3 Prozent,
bei 3000 3 bis 7, bei 6000 5 bis 9, bei 10000 6 bis 12 Prozent. Ein-
kommen von 100000 Mark müssen bis 20 Prozent abführen. Das jähr-
liche Gesamteinkommen des deutschen Volkes wurde auf rund 30 Milliarden
verrechnet; hiervon würde die Gesamtsteuerlast etwa 10 Prozent ausmachen.
Eine Reihe von Symptomen zeigt eine Vermehrung des Einkommens und
Wohlstandes an, die jedoch nicht direkt nachweisbar sind. Ein solches
Symptom ist, daß das veranlagte Einkommen stärker, zum Teil ganz
wesentlich stärker angewachsen ist als die Bevölkerungszahl. Weitere
Symptome sind die Vermehrung der Sparkasseneinlagen von 1870 Mil-
lionen im Jahre 1875 auf 13890 Millionen im Jahre 1907, die gewaltige
Zunahme der fremden Kapitalien in deutschen Kreditbanken, die Vermeh-
rung der gegen Feuer versicherten Werte, das Wachstum der Produktion,
des Außenhandels und die Steigerung der Konsumkraft. Im letzten Ab-
schnitt des Artikels, der sich mit dem Schuldenwesen befaßt, wird nur auf
die gewaltige Aufnahmefähigkeit des deutschen Publikums für festverzins-
liche Werte hingewiesen. Zum Schluß wird unter Hinweis auf den hohen
Zinsfuß gesagt: Es ist zweifellos, daß eine systematische Ordnung in der
Ausgabe der öffentlichen Anleihen gegenüber dem ständig wachsenden
Anlagebedürfnis schnell eine nennenswerte Kurssteigerung des vorhandenen
Anleihematerials und eine Verbilligung der Kosten des Geldes für öffent-
liche Zwecke zur Folge haben wird. Eine Sanierung des öffentlichen