244 Pas Pentsqhe Reiq und seine einjelnen Glieder. (Juni 28. 29.)
28. Juni. Der bei der Vorbereitung der Reichsfinanzreform
im Reichsschatzamt tätig gewesene Geh. Admiralitätsrat Professor
Dr. v. Halle f, 41 Jahre alt.
29. Juni. Zur Erläuterung der Ablehnung der Erbanfall-
steuer durch den Reichstag bringt die „Kölnische Zeitung" die Aus-
führungen, womit der franzöfische Finanzminister Caillaux die neue,
neben der bestehenden Anfallsteuer einzuführende Nachlaßsteuer
rechtfertigt:
In England wird außer der Erbanfallsteuer, die den Reinertrag
des jedem einzelnen Erben überwiesenen Vermögensteiles trifft, eine so-
genannte Vermögenssteuer, die estate duty, nach progressiven Sätzen von
der gesamten Nachlassenschaft erhoben. Mit anderen Worten, wenn eine
Nachlassenschaft eröffnet wird, beansprucht der Fiskus seinen Anteil daran,
der dem gesamten Betrag der jährlichen Steuer angemessen ist, die von
dem Kapital hätte erhoben werden können. Außerdem verlangt er von
jedem einzelnen Erben in Gestalt einer Abgabe auf der auf ihn fallenden
Zuwendung die Vergütung des Dienstes, den ihm der Staat erweist, indem
er ihm unter den günstigsten Verhältnissen die Ueberweisung in den ihm zu-
erkannten Besitz gewährleistet. Diese Abgaben zusammen ergeben im eng-
lischen Budget gegenwärtig einen Ertrag von 481 Millionen Franken, die nach
dem zur Beratung stehenden Entwurf auf 670 Millionen gebracht werden soll.
In Frankreich, fährt der Minister fort, bringt die Anfallsteuer
gegenwärtig 250 Millionen ein. Freilich ist das Steuerobjekt mit durch-
schnittlich 6971 Millionen jährlich in England umfassender als in Frank-
reich, wo man nur mit 5300 Millionen rechnet. Wenn man jedoch den
Ertrag der Steuer in Prozente umrechnet, ergibt sich für die jetzige eng-
lische Doppelsteuer ein durchschnittlicher Satz von 6,7 Prozent, für die
kommende von 9,3 Prozent, wogegen der entsprechende Satz in Frankreich
nur 4,57 Prozent beträgt. Die neue Nachlaßsteuer wird zunächst nicht
sehr hoch sein, und nach den Erklärungen des Herrn Caillaux stellt sie
einen Versuch dar, der fortgesetzt wird, sobald genügend Erfahrungen über
die neuen Bürgschaften gesammelt sind, mit denen die Steuer gegen Hinter-
ziehungen umhegt wird. Sie soll fürs erste nur 20 Millionen ergeben,
um in dem Maße, wie die Ausgaben für Altersrenten steigen, auf 100
bis 150 Millionen erhöht zu werden. In diesem Zusammenhang wird
auch ausdrücklich erklärt, daß es notwendig sei, die in Frankreich schon
überspannten Verbrauchssteuern zu erleichtern, worauf allerdings die Steuer-
zahler wohl vergeblich warten werden. Die neue Steuer hat jedoch alle
Aussicht, angenommen zu werden, zumal sie den von der jetzigen Kammer-
mehrheit aufgestellten finanzpolitischen Grundsätzen entspricht. Ebenso wird
die neue Erbschaftssteuer in England durchgehen, denn der Widerstand,
auf den das Budget stößt, richtet sich nicht gegen sie, sondern nur gegen
die Bodensteuer. Frankreich wird also seine Anfall- und Nachlaßsteuer
von 250 auf rund 272 Millionen Franken, oder von 200 auf 217 Mil-
lionen Mark bringen, England die seinige von 362 auf 503 Millionen Mark,
und die Belastung der jährlichen Erbschaftsmasse wird sich in Frankreich,
wie erwähnt, auf 4,57, in England auf 9,37 Prozent stellen, während in
Deutschland die konservativ-klerikal-polnische Mehrheit eine Belastung von
100 Millionen, oder einschließlich der 40 Millionen Erbschaftssteuern ein-
zelner Bundesstaaten 140 Millionen = 3,3 Prozent des vererbten Ver-
mögens abgelehnt hat.