Nes Dentsche Reih und seine eimelnen Glieder. (Januar 16.) 13
welche den praktischen Bedürfnissen nicht gerecht werden. Ich halte es für
richtiger, daß wir Arbeitskammern an Orten einrichten, wo das praktische
Bedürfnis dazu tatsächlich in die Erscheinung getreten ist, wo sich die In-
dustrie also außerordentlich stark massiert hat und wo womöglich schon
praktische Streitfragen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorgelegen
haben. Ich denke z. B. an eine Kammer für das Ruhrgebiet, für das
Saargebiet, für Oberschlesien, ich denke an eine Kammer für Metallarbeiter,
auch für Rheinland-Westfalen. Es wäre falsch, solche Arbeitskammern für
u kleine Gebiete zu bilden, dann würden sie sich leicht in die individuellen
erhältnisse der einzelnen Betriebe einmischen (Sehr richtig! rechts), wäh-
rend sie doch nur allgemeine Berufsfragen regeln sollen. Günstig wirken
können die Arbeitskammern, trotzdem ihnen weder die Arbeitgeber noch
die Arbeitnehmer freundlich gegenüberstehen. Ich glaube, Sie haben ge-
sehen, daß ich nicht von sozialpolitischen Phantastereien ausgehe, aber in
dieser Beziehung habe ich doch einen gewissen Optimismus. Ich glaube,
daß aus dem praktischen Zusammenarbeiten doch etwas Vernünftiges
herauskommen wird. Wenn ich mit Vertretern der Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer irgendwelche Frage verhandelt habe hinter verschlossenen Türen,
womöglich dann, wenn die Sonne des Journalismus nicht zu den Fenstern
hereinschien (Große Heiterkeit), dann haben wir uns immer eigentlich ganz
verständig unterhalten und die Gegensätze, die hier im Reichstage aufein-
anderplatzen, haben sich dann ganz nett beseitigen lassen. Ich glaube, so wird
es auch kommen, wenn nachher wirklich in solchen Arbeitskammern praktisch
gearbeitet wird. Ich habe versucht, die Grundzüge des Systems zu beleuchten.
Wenn ich das auch nicht irgendwie erschöpfend tun konnte, nehmen Sie
darauf bei Ihrer Kritik Rücksicht, werfen Sie mir nicht vor, daß ich dies
oder jenes übersehen hätte, es tun sich bei dieser Frage eine solche Fülle
von Gedanken auf, daß man sie gar nicht erörtern kann. (Sehr richtig!)
Erzielen wir eine Verständigung über die Grundgedanken, so werden wir
uns auch über das Detail leichter verständigen. Ich bin überzeugt, daß
Arbeitskammern kein sozialpolitisches Phantom sind, sondern einem real-
politischen Bedürfnis entsprechen, und daß sie, falls sie von der rich-
tigen Hand und mit richtigem Herzen geleitet werden, ein Werkzeug sind,
das die Gegensätze nicht aus der Welt schaffen, wohl aber dazu helfen
wird, sie zu überbrücken zum Wohle des Ganzen. (Lebhafter Beifall.)
15. Januar. (München.) In dem Beleidigungsprozeß des
Dr. Peters wird durch das Landgericht das Urteil des Schöffen-
gerichts dahin abgeändert, daß der Chefredakteur Gruber von der
„Münchener Post“ anstatt 500 Mark nur 400 Mark Geldstrafe
zu zahlen oder 40 Tage Gefängnis zu verbüßen hat. Hinsichtlich
der Widerklage bleibt Dr. Peters straffrei, hat aber ein Zehntel
der Gesamtkosten des Verfahrens zu tragen, neun Zehntel fallen
der „Münchener Post“ zur Last.
Die Urteilsbegründung besagt: Die Urteile gingen auseinander, ob
so harte Strafen, wie die von Peters verhängten, nötig gewesen seien.
Die meisten Afrikakenner sagten nein; völlig geklärt werden könnten die
Dinge aber heute nicht mehr, wie das schlechte Gedächtnis der Zeugen
Wiest und Pechmann beweise. Dazu zeigten alle Zeugen trotz subjektiver
Glaubwürdigkeit Gunst oder Mißgunst; feststehend sei, daß Sadismus nicht
mitgewirkt habe. Da aber Mabruks Einbruch mehr den Weibern als den
Vorräten gegolten, so seien bei dem Todesurteil geschlechtliche Motive mit-