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Zusammenarbeiten zerstört worden sind. Die parteipolitische Beständigkeit,
die doch für ein solches Zusammenarbeiten notwendig ist, ist dahin. Der
konfessionelle Frieden, der für die Konservativen maßgebend für das Zu-
sammengehen mit dem Zentrum gewesen sein soll, kann durch die jetzige
Politik nicht gefördert werden, denn das Zentrum verquickt Politik und
Konfession. Und das Zentrum wird für das, was es hier bewilligt, die
Rechnung schon präsentieren auf andern Gebieten, vor allem auf dem
Gebiete der Schule im preußischen Landtag. Von verschiedenen Rednern
ist der bisherigen Wirksamkeit des Fürsten Bülow gedacht worden. Meine
politischen Freunde sind nicht mit allen seinen Maßnahmen einverstanden
gewesen. Aber den Vorwurf, den der Abgeordnete Singer ausgesprochen
hat, daß Fürst Bülow ein Kleber im Amte gewesen sei, unterschreiben wir
nicht; dieser Vorwurf ist ungerecht, besonders jetzt, wo der Reichskanzler
aus dem Amte scheidet, weil er seine Ansichten nicht hat durchsetzen können.
Die Wirtschaftspolitik des Fürsten Bülow haben wir bekämpft. Sie ist
nicht zum Segen des Vaterlandes und unserer allgemeinen Entwickelung
ausgeschlagen. Die Finanzmisere hat ihre Hauptquelle in dieser Wirtschafts-
politik mit ihrer Verteuerung. Die Rechte hat für diese Haltung des
Reichskanzlers keinen Dank übrig gehabt. Sie hat es ihm mit Undank
gelohnt, wie es in der politischen Geschichte nur selten ist. Trotz unserer
Gegnerschaft zu seiner Wirtschaftspolitik aber müssen wir doch anerkennen,
daß Fürst Bülow auf vielen Gebieten unseres öffentlichen Lebens mit Ge-
schick und Erfolg gewirkt hat, daß er Verständnis bekundet hat für die
konstitutionellen Forderungen der Zeit, und an seinem Teile zur Fort-
entwickelung des Staatswesens auf diesem Gebiete beigetragen hat. Wir
müssen auch anerkennen, daß er es verstanden hat, die Stellung Deutsch-
lands zu wahren und den Frieden zu sichern und zu erhalten. Und wir
an unserem Teile wollen und werden auch nicht vergessen, daß er sich
eingesetzt hat für die Gleichberechtigung liberaler Anschauungen. (Lebhafte
Zustimmung links.) Wir sind deshalb überzeugt, daß sein Name in der
Geschichte des deutschen Vaterlandes mit Ehren genannt werden wird.
Leider können wir das gleiche nicht von den verbündeten Regierungen
sagen. Meine politischen Freunde bedauern die Schwäche und Nach-
giebigkeit, die die verbündeten Regierungen in diesen Tagen bekundet
haben. Sie kommen über die Tatsache nicht hinweg, daß durch die Aus-
führungen des Staatssekretärs v. Bethmann Hollweg feierliche Erklärungen
derselben Regierung von früher preisgegeben sind. Sie haben sich der
Koalition gefügt, die zwar im Hause eine Mehrheit hat, aber nicht im
deutschen Volke. Einige Vertreter der verbündeten Regierungen haben es
für klug und geschmackvoll gefunden, mit der neuen Mehrheit alsbald die-
jenigen anzugreifen, die Monate hindurch die Regierung unterstützt haben.
Die verbündeten Regierungen haben ihre Verbeugung vor dem Geßlerhut
des Zentrums gemacht. Fürst Bülow hätte richtiger gehandelt, wenn er
alsbald nach Ablehnung der Erbschaftssteuer aus dem Amte geschieden
wäre. Er würde damit nicht in eine schiefe, unhaltbare Lage noch in den
letzten Tagen gekommen sein. Die heutige Erörterung zeigt die ganze
Unhaltbarkeit der Situation. Alle Reden richten sich in der Hauptsache
gegen die Regierungspolitik. Eine Mehrheit, auf die sich die Regierungs-
politik stützen könnte, ist in diesem Hause nicht vorhanden. Die heutige
Erklärung der verbündeten Regierungen und ihre Haltung imponiert uns
nicht. Das Ansehen des Bundesrats als Faktor der Gesetzgebung ist
gerade in den letzten Tagen geschädigt worden. Wir richten unsere Stellung
nicht nach Personen ein, sondern nach sachlichen Motiven. Wir wünschen,
daß die Einigung der liberalen Parteien aufrecht erhalten bleibt. Wir