Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Das Derisqe Reiq unh seine einnelnen Glieder. (September 6. 7.) 313 
Der „Württembergische Staatsanzeiger“ bringt folgende Begrüßung 
des Kaiserpaares: „Von Jahr zu Jahr sieht das deutsche wie das württem- 
bergische Volk seinen Kaiser rastlos tätig, um die Heeresverfassung Deutsch- 
lands, dieses mächtige Unterpfand unserer Sicherheit, auf der Höhe zu 
erhalten, weiter auszubilden und zu vervollkommnen. Seine Sorge als 
oberster Kriegsherr reicht vom Fels zum Meer. Er kommt von der Ostsee- 
küste, wo eine Flotte von nie zuvor gesehener Stärke Uebungen abhielt, 
zu einer Heeresschau über den größten Teil der Truppen des deutschen 
Südens, wie sie in dieser Ausdehnung in Friedenszeiten noch nicht ver- 
einigt waren.“ Der Artikel weist dann darauf hin, daß das württem- 
bergische Korps in edlem Wetteifer mit seinen Nachbarkontingenten vor 
dem Oberhaupt des Reiches und unter Führung eines Prinzen des könig- 
lichen Hauses in Ehren zu bestehen hoffe, und schließt mit den besten 
Wünschen für das Wohlergehen der hohen Gäste im schwäbischen Lande: 
„In Ehrfurcht, Liebe und Treue ruft Württemberg dem hohen Kaiserpaar 
und seinen erlauchten Söhnen und den verwandten und befreundeten 
Fürsten, die mit demselben zugleich als Gäste am königlichen Hof erschienen 
sind, ein aufrichtiges Grüß Gottl zu.“ 
6. September. Die Vorlage über ein landeskirchliches 
Spruchkollegium für die evangelische Kirche Preußens wird be- 
kannt gemacht. Ihr Inhalt ist im wesentlichen folgender: 
Für kirchliche Lehrangelegenheiten wird ein eigenes Spruchkollegium 
eingesetzt. Dieses entscheidet in allen Lehrfragen endgültig für das gesamte 
Gebiet der preußischen Landeskirche. Unter Lehrangelegenheiten wird ver- 
standen: a) eigentliche Irrlehre im Sinne des Kirchengesetzes vom 16. Juli 
1886, b) Einsprüche der Gemeinde gegen die Lehre eines gewählten Pfarrers, 
c) Anfechtung der Berufung eines sonst Anstellungsfähigen oder der Ge- 
eignetheit eines Fremden für den Dienst in der preußischen Landeskirche 
wegen mangelnder Uebereinstimmung mit dem Bekenntnis, d) die Herab- 
würdigung des Bekenntnisses oder der Ordnungen der Kirche im Zusammen- 
hang mit der Irrlehre, e) Einsprüche der Gemeinde gegen „Gaben und 
Wandel“ des Pfarrers, wenn sie mit einem Einspruch wegen Irrlehre zu- 
sammenhängen. Die eigentliche Irrlehre soll künftig jeder disziplinaren 
Behandlung entzogen sein und einem Sonderverfahren (Feststellungs- 
verfahren) unterworfen werden, das lediglich die sachliche Feststellung der 
Ungeeignetheit des Geistlichen für eine weitere Wirksamkeit innerhalb der 
Landeskirche zum Gegenstand hat, wobei dem von einer solchen Feststellung 
Betroffenen in weiterem Umfang eine Versorgung sowohl für seine Person 
wie für seine etwaigen pinterbliebenen gewährt werden soll. Dieses Spruch- 
kollegium setzt sich zusammen aus 13 Mitgliedern und zwar aus dem 
Präsidenten des Oberkirchenrats als Vorsitzendem, dem geistlichen Vize- 
präsidenten, dem weltlichen Stellvertreter des Präsidenten, dem ältesten 
eistlichen Mitglied des Oberkirchenrats, aus zwei vom König auf Vor- 
chlag des Oberkirchenrats ernannten Professoren der Theologie, aus drei 
von der Generalsynode gewählten Mitgliedern, dem zuständigen General- 
superintendenten und aus drei von der betreffenden Provinzialsynode ge- 
wählten Mitgliedern. 
7. September. Reichstagsersatzwahl im 19. sächfischen 
Wahlkreis Stolberg-Schneeberg. 
Der Sozialdemokrat Schöpflin siegt mit großer Majorität. Er 
erhielt 2000 Stimmen mehr als sein Vorgänger 1907, sein nationalliberaler 
Gegenkandidat 5000 Stimmen weniger. 
 
	        
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